Steffen Grimberg
Flimmern und Rauschen
: Die diesjährigen Top Drei der Medienmacher-Interviews aus der Hölle

Foto: Regentaucher

Kurz vor Schluss kam Tom Buhrow extra noch mal um die Ecke im Wettbewerb ums absurdeste Interview des Jahres. Mit seinem „2023 wird das Jahr der Reform“-Rührstück in der Welt am Sonntag: Den Totalumbau des Systems Öffentlich-Rechtliche mal eben in einem Jahr anzuzetteln, geht klar. Immerhin hat er nicht auch noch „Ich gebe ihnen mein Ehrenwort“ gesagt.

Trotzdem schafft Buhrow nur Platz drei. Denn natürlich hat sich um die vordersten Plätze der Interviews aus der Hölle auch Patricia Schlesinger beworben. Mit ihrer In­ten­dan­t*in­nen­beich­te in der Zeit. Eigentlich hatten die absurden Fotos, die sie als machthungrigen Vamp zeigten, schon alles gesagt. Den ellenlangen Text dazu hätte es nicht gebraucht. Sei’s drum. Wie Frau Schlesinger hier noch mal die große Ahnungslose gab, gehört zu den schönsten Unverschämtheiten des Jahres: Da wollte sie alles richtig machen und war für die eine und den anderen vielleicht ein bisschen zu schnell und abgehoben. Aber mehr war doch gar nicht. Und es tat ihr ja auch leid: „Ich habe die Wut der Leute unterschätzt.“ Dafür gibt’s Platz 2.

Familie Schlesinger fährt aber quasi ’nen Doppelsieg ein. Denn mit allen Tricks und Kniffen zog ein naher Verwandter an ihr vorbei. „Ein Skandal mit Ansage“ war das Stück aus der Frankenpost betitelt, in dem sich Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl schon im Sommer ausheulte. Er sei ja bloß ein „Kollateralschaden, damit man seiner Frau schaden könne, wie er unserer Zeitung in einem exklusiven Gespräch sagt“. Dass ihm die Berliner Messe mit dem gut dotierten Beratungsauftrag einen Gefallen getan habe, sei „nicht nur weit hergeholt, sondern entbehrt jeder Grundlage“. Klar, Tagessätze rund um die 2.000 Euro sind für manche normal. Aber ist das glaubwürdig? Ja, sagt Spörl, denn die Messe war in großer Not. Sie stellte plötzlich fest, „dass sie im September 2022 ihren 200. Geburtstag feiern würde und nichts vorbereitet war“. Und Spörl brachte die brandheiße Idee mit, „eine Geschichte der Messe schreiben zu lassen, etwa als Coffee-Table-Book“. Aber wenn er „auch nur im Entferntesten geahnt hätte, dass dies alles so skandalisiert wird, hätte ich das alles natürlich nicht gemacht“.

Kein Wunder, dass bei so viel Selbstmitleid der Generalstaatsanwalt die Ermittlungen übernimmt. Deren Ausgang ist übrigens noch genau so offen wie das Erscheinen von Spörls Kaffeetischbeschwerer. „Allen Platzierten die besten Glückwünsche und einen guten Start ins neue Medienjahr“, wünscht die Mitbewohnerin. „Auch wenn wir zwei von ihnen nun leider nicht mehr so oft wiedersehen, weil sie sich selbst weggeschossen haben und auch weggeschossen wurden.“

Steffen Grimberg bringt hier jede Woche Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt. Er ist Medienprofi und Vorsitzender des Berlin-Brandenburger Journalistenverbands DJV Berlin – JVBB.