Mit jeder Menge Ermutigung

Musik spielen und Videos schauen: Im Popsalon des Deutschen Theaters war Kultursenator Klaus Lederer zu Gast

Von Robert Mießner

Einem Mixtape beim Entstehen zuhören konnte man am Dienstagabend im Deutschen Theater in der Schumannstraße. Seit 2014 findet dort das Veranstaltungsformat „Popsalon“ statt, das zuvor mit dem Zusatz „Livekritik und Dosenmusik“ seit 2011 an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz beheimatet war.

Beim „Popsalon“ geht es in etwa zu wie bei einem Dia-Abend: Die Einladenden, in diesem Fall die Kulturjournalisten und Autoren Jens Balzer und Tobi Müller, und ihre Gäste spielen Musik und zeigen Videos, assoziieren und reflektieren. Zum Rauchen geht es auf den Balkon, es gibt Gebäck und Getränke.

Für die 49. Ausgabe hatten Balzer und Müller Klaus Lederer eingeladen. Der Berliner Kultursenator kommt aus der nordwestlichen Bezirkshauptstadt der DDR Schwerin, das kann man schon mal mit Stolz bemerken. „Der Chef ist da“, meinte Müller eingangs. Die Bar des DT war ausverkauft.

Vor dem musikalischen Teil des Abends war ein Resümee der Berliner Kulturpolitik unter dem Druck seit der Coronapandemie und dem Krieg gegen die Ukraine gesetzt. „Berlin ist keine Stadt, sondern eine Heimat“, meinte Lederer. Auf ihrem Banner solle „Subversion und Experimentierfreude“ stehen. Der Senator hat übrigens in einem Kabarett- und Punk-Ensemble gesungen.

Punk gab es von Lederer, Balzer und Müller nicht zu hören, dafür aber Musik, die nicht immer so leicht war, wie sie zuerst im Ohr ankam. Lederer erinnerte sich daran, unter welchen Umständen er das erste Mal Abba gehört hatte, beim Warten auf eine Zahnextraktion in den Achtzigern. Wer die damaligen Zahnarztpraxen noch im Gedächtnis hat, möchte die Erinnerung besser sanft in Popmusik betten.

Aber wie gesagt, unter der schönen Oberfläche sieht es nicht selten ganz anders aus und klingt es auch. Lederers Entree war Anthony Hüseyins Project O mit dem Song „Gökdelenler“, „Wolkenkratzer“: Erst einmal ein Stück sanfter Elektro-Soul, in dessen Video aber Hüseyin nach und nach ein Luftballon-Bouquet in Regenbogenfarben zersticht. Dahinter ist ein politisches Graffito zu sehen.

Dann gab es ein Wiederhören mit dem seit 1982 aktiven britischen Popduo Everything But The Girl. „Nothing Left To Lose“ heißt die Vorabauskopplung ihres für März angekündigten neuen Albums. Im DT lief das Video, das in einem etwas zu hell ausgeleuchteten Ambiente zwischen Club und Imbiss angesiedelt ist. „Kiss me while the world decays / Kiss me while the music plays“, singt Tracy Thorn da über einem basslastigen Elektro-Track. Spätestens, als im Video das Licht zu flackern beginnt, wird es unheimlich in dem ziemlich guten Stück.

„Leute, haltet euch bereit“, das wäre mal ein Motto für 2023

Kein Mixtape ohne Brüche: Jens Balzer spielte als Vorgeschmack auf das Ende Januar steigende CTM-Festival einen 6-Minuten-Bolzen der belgischen Blackmetal-Band Wiegedood.

Tobi Müller verabschiedete den Abend mit dem kürzlich verstorbenen Jeff Beck und Rod Stewart und ihrer Version von Curtis Mayfields Soul-Ermutigung „People Get Ready“. „Leute, haltet euch bereit“, das wäre mal ein Motto für 2023.

Den Song gecovert haben in den Achtzigern übrigens auch die Housemartins, und die gab es damals auf jedem anständigen Mixtape mit Bronski Beat, „Small Town Boy“, einem Song, an den sich Klaus Lederer am Dienstag noch erinnerte. Während man das hörte, las man im Plattenbau beispielsweise vom Bergarbeiterstreik in Großbritannien.