Geschützte Tiere vor deutschen Flinten

Auf der Dortmunder Messe „Jagd und Hund“ werden Trophäenjagdreisen verkauft. Nun regt sich Widerstand

Trophäen für daheim: Tiere, die amerikanische und deutsche Jäger geschossen haben, werden in einer Werkstatt in Namibia ausgestopft Foto: Ton Koene/imago

Aus Kampala Simone Schlindwein

Tierschutzorganisa­tionen und Umweltschützer gehen gegen Europas größte Jagdmesse auf die Barrikaden. In einem offenen Brief an die Stadt Dortmund fordern über 90 Organisationen und Artenschützer Afrikas und der Welt den Oberbürgermeister auf, die Vermarktung und den Verkauf von Trophäenjagdreisen auf der Messe „Jagd und Hund“ zu unterbinden. Die Messe beginnt am 23. Januar und dauert eine Woche.

Die Veranstaltung mit weit über 80.000 Besuchern und rund 800 Ausstellern wird seit über 40 Jahren in den Westfalenhallen in Dortmund abgehalten. Hersteller und Jagdvereine werben dort für die neueste Ausrüstung für Treibjagden oder Kochbücher für den Wildschweinbraten, jedoch auch für teure Trophäenjagdreisen nach Afrika.

Werbeplakate und Reiseprospekte locken betuchte Jäger mit Sonderangeboten für Abschusslizenzen in den ehemaligen deutschen Kolonien Kamerun und Namibia. Unter den zur Jagd freigegebenen Tieren finden sich Antilopen und gefährdete Arten wie der Elefant.

Deutsche jagen gern in Afrika. Das wird an den Zahlen der von ihnen mitgebrachten Jagdtrophäen deutlich. Von 2016 bis 2021 wurden Trophäen von 3.779 Tieren international geschützter Arten nach Deutschland eingeführt. Darunter befanden sich 142 Leo­par­den, 138 Flusspferde, 140 Braunbären, 119 Elefanten, 103 Löwen – also Tiere, deren Bestände als „gefährdet“ gelten.

Meistens handelt es sich bei diesen Trophäen um Felle, Stoßzähne oder Hörner. Um sie einzuführen, benötigt man eine Genehmigung des Bundesamts für Naturschutz. Das Amt prüft auch die Ausfuhrgenehmigungen aus den Ländern, in denen das Tier geschossen wurde. Seit 2021 fordern Artenschutz­organisa­tio­nen von der Bundesregierung, die Einfuhr von Jagdtrophäen zu unterbinden.

Einige europäische Länder haben den Import bereits verboten. Nach großer Aufregung stoppte Frankreich im Jahr 2015 als erstes Land Europas die Einfuhr von Löwentrophäen. Ein Jahr später erließen die Niederlande einen Importstopp für Trophäen aller gefährdeten Arten. Finnland hat im Dezember 2022 ein entsprechendes Gesetz erlassen. In Großbritannien wird derzeit über ein Gesetz debattiert. In Belgien hat das Parlament die Regierung aufgefordert, einen Importstopp zu beschließen.

Tierschutzverbände hatten im vergangenen Jahr Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) aufgefordert, einen Importstopp einzuführen. Daraufhin kündigte das Ministerium im April 2022 an: „Auf Basis artenschutzfachlicher Maßgaben wollen wir die Importe von Jagdtrophäen geschützter Arten möglichst insgesamt reduzieren.“ Im Einzelfall solle der Import von solchen Trophäen verboten werden, insbesondere dann, „wenn Zweifel an Nachhaltigkeit und Legalität der Jagd bestehen“.

Lemke will sich nun auch im Rahmen der Europäischen Union für einen Importstopp stark machen. Diese Ankündigung erzürnt Deutschlands Jäger.

Der Internationale Jagdrat (CIC) in Deutschland und der Deutsche Jagdverband (DJV) widersprechen Lemkes Ansinnen. Ein Einfuhrverbot sei quasi „neokoloniales“ Denken, lautet ihr Argument. „Es ist das Recht souveräner Staaten, ihre eigenen natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen“, heißt es in der Pressemitteilung des DJV. „Die Jagd auf spezielle Tierarten wie beispielsweise den Eisbären kann völkerrechtlich verbrieftes Recht indigener Menschen wie der Inuit sein – Importverbote stellen somit eine Verletzung von Menschenrechten dar.“ Laut Jagdverband fließen bis zu 90 Prozent der Einnahmen aus der Jagd in den Schutz von Lebensräumen. Die Einnahmen garantierten Lebensmittelsicherheit und Beschäftigung der lokalen Bevölkerung.

Dieser Behauptung widerspricht jedoch eine Ethikfachgruppe der Weltnaturschutzunion IUCN. Neueste Studien zeigten, dass in den meisten afrikanischen Ländern vor allem ausländische Jagdreise­ver­anstalter von der Trophäenjagd profitieren. In zahlreichen Ländern wie Tansania oder Namibia finden die Jagden auch nicht in staatlichen Schutzgebieten statt, sondern auf privatem, umzäunten Farmland – hier profitieren weder die Staatskassen noch die Bevölkerung.