die gesellschaftskritik
: Happy End für lesbische Prinzessinnen

In Litauen wurde ein Märchenbuch verboten, das queere Paare zeigt. Die Sache ging vor Gericht – und nahm ein gutes Ende

Schon wieder Streit zwischen Amber Heard und Johnny Depp? Nicht ganz. Das Buch, um das es dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht, nennt sich „Amber Heart“ – und die Signifikanz dieses Märchens hat sich das EGMR nun zu Herzen genommen.

Am Montag verurteilte der EGMR Litauen zu 12.000 Euro Schadenersatz, da das Land gegen das Märchen vorgegangen war.

Das Buch der litauischen Autorin Neringa Dangvydė war im Jahr 2013 veröffentlicht worden und lehnt sich an traditionelle Märchenmotive an.

Der Unterschied zu konventionellen Erzählungen liegt bei „Amber Heart“ darin, dass die Geschichten Themen wie Migration und Behinderung thematisieren. Zwei Geschichten handeln zudem von Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren, was bei Familienverbänden für Aufruhr sorgte.

Danach sah sich die Aufsichtsbehörde für Journalistische Ethik das Buch genauer an und kam zu dem Schluss, dass die Erzählungen nicht mit Artikel 4 Paragraf 2 Satz 16 des Gesetzes über „den Schutz von Minderjährigen vor schädlichen Auswirkungen öffentlicher Informationen“ übereinstimmten. Das Gesetz besagt, dass jede Information als negative Auswirkung für Minderjährige interpretiert wird, die „ein anderes Konzept von Ehe und Familiengründung als das in der Verfassung oder im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte“ fördert.

In Litauen wird Homosexualität rechtlich nicht anerkannt. Der Verkauf des Buchs wurde zwischenzeitlich gestoppt und Exemplare wurden mit einem Warnhinweis versehen.

Die litauische Autorin, die selbst offen lesbisch lebte, legte Zivilklage gegen den Verlag ein. Die Gerichte wiesen ihre Klage ab mit der Begründung, der Verlag habe im Einklang mit dem nationalen Recht gehandelt. Daraufhin reichte Dangvydė am 22. November 2019 eine Beschwerde beim EGMR ein und berief sich auf die Freiheit der Meinungsäußerung sowie das Dis­kri­mi­nie­rungs­verbot. Dieser Beschwerde gab das EGMR nun recht. So würden in den Geschichten homosexuelle Paare nicht stärker hervorgehoben als andere.

Dangvydė selbst bekam die Entscheidung nicht mehr mit. Sie verstarb im Alter von 44 Jahren im März 2020, seitdem war das Verfahren von ihrer Mutter weitergeführt worden. Das Buch hingegen ist online zugänglich für alle, und kann nicht nur litauische, sondern Kinder weltweit beglücken. Shoko Bethke