Facing Finance

Die Kampagne sensibilisiert Investoren, nicht in Streubomben oder andere böse Dinge zu investieren

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Am 31. Mai 2012 findet in der Festhalle in Frankfurt am Maindie Jahreshauptversammlungder Deutschen Bank statt. Facing Finance wird vor Ort aktivsein.

Im Vorfeld lädt die Kampagne zu einer Pressekonferenz in die Räume der Bundepressekonferenz, am 29. Mai um 10 Uhr im Raum Nr. 4.

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www.facing-finance.org

Wenn es darum geht, gegen Unternehmen vorzugehen, die gegen Menschenrechte verstoßen und die Umwelt zerstören, fehlt so manchem Politiker der Elan. In der Regel bleibt es bei mahnenden Worten, zu groß ist die Angst, es sich mit den Firmen zu verscherzen und somit eventuell Arbeitsplätze zu gefährden. Auch gesellschaftlicher Protest hat selten eine Chance gegen die kriminellen Machenschaften der Konzerne. Doch was tun gegen die Coca-Cola-Company, die in Indien das Grundwasser abpumpt, oder das Unternehmen Foxconn, das von Billiglöhnen und miserablen Arbeitsbedingungen profitiert?

Die Berliner Kampagne „Facing Finance“ verspricht hier Abhilfe zu schaffen. Der Weg, auf dem die Initiative dem Problem beikommen will, erscheint auf den ersten Blick simpel: Sie will den entsprechenden Unternehmen den Geldhahn zudrehen, indem sie potenziellen Kreditgebern und Anlegern abrät, in diese zu investieren. Ziel der Kampagne sind dabei nicht nur solche Unternehmen, die gegen Menschenrecht verstoßen und die Umwelt schädigen, sondern auch jene, die von Korruption, der Spekulation mit Lebensmitteln oder der Herstellung völkerrechtswidriger Waffen profitieren. „Es kann nicht angehen, dass Banken mit ihren Krediten und Anleihen immer noch die Herstellung von Streubomben, Umweltzerstörung und Ausbeutung unterstützen“, sagt Thomas Küchenmeister, Koordinator von Facing Finance.

Doch ganz so einfach, wie dieses Unterfangen zunächst wirkt, ist es nicht. Ein großes Problem ist, wichtige Geldgeber wie Banken und Versicherungen dazu zu bewegen, ihr Geld nicht mehr in kriminelle Unternehmen zu stecken. Zwar konnte Facing Finance einzelnen Banken offizielle Erklärungen abringen, nur werden diese nicht unbedingt eingehalten, wie der Fall Deutsche Bank beweist. Diese hatte im Februar 2012 zuletzt bekannt gegeben, aus dem Geschäft mit Streumunition ausgestiegen zu sein. Facing Finance konnte dem Finanzinstitut jedoch nachweisen, noch immer Geschäftsbeziehungen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro mit den Herstellern zu unterhalten. Recherchen des holländischen Analyseinstituts Profundo hatten das ergeben. „Wir brauchen dringend ein gesetzliches Verbot, Selbstverpflichtungen reichen einfach nicht aus“, fordert Küchenmeister mit Blick auf den Bundestag.

Dort erhielt Facing Finance zwar die Unterstützung aller Oppositionsparteien, die Finanzierung der Herstellung von Streumunition durch die Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes gesetzlich zu verbieten. Die Regierungsfraktionen lehnten dies jedoch im März dieses Jahres ab. Thomas Silberhorn, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe Recht der CSU, begründete die Entscheidung damit, dass das bestehende Verbot der Förderung der Herstellung von Streumunition auch eine finanzielle Unterstützung beinhalten kann. Das geht Küchenmeister nicht weit genug: „Wir brauchen ein klare und unmissverständliche Ahndung der Finanzierung“, sagt der Kampagnenkoordinator.

Ein weiteres Problem ist der finanzielle und organisatorische Aufwand. Zum einen kostet die Recherche bei Wirtschaftsdatenbanken wie Thomson One viel Geld, zum anderen ist es anhand der Fülle von Unternehmen, die gegen geltendes Recht verstoßen, unmöglich, alle Problemfälle zu identifizieren und dagegen vorzugehen. Aus diesem Grund konzentrieren sich Küchenmeister und sein Team auf wichtige Einzelfälle. Derzeit arbeitet man bei Facing Finance an einer Internetplattform, auf der möglichst viele problematische Unternehmen gelistet werden sollen. Küchenmeister hofft, dass Anleger sich dort informieren, bevor sie ihr Geld investieren. „Aufklärung ist das beste Mittel, Dinge zu verändern“, sagt Küchenmeister.

Um die große Masse an verantwortlichen Unternehmen in den Griff zu bekommen, arbeitet Facing Finance mit NGOs aus anderen Ländern zusammen. Wichtige Partner sind hierbei das Netzwerk BankTrack sowie die Organisationen FairFin und Urgewald, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Geldanlegern dabei zu helfen, ihr Geld nur noch in nachhaltige Projekte zu investieren, und die Finanzierung zerstörerischer Projekte zu verhindern. NGOs wie das Netzwerk Friends of the Earth berichten Facing Finance hingegen über die Umweltzerstörung und die Verletzung der Menschenrechte bei der Rohstoffausbeutung in Afrika.

Wer sich über die aktuelle Arbeit von Facing Finance informieren will, kann zu der Pressekonferenz am 29. Mai kommen. Dort startet die neue Kampagne „Andere Banken braucht das Land“, die Facing Finance gemeinsam mit Urgewald und Foodwatch ins Leben gerufen hat. Ansonsten ist Facing Finance dankbar für jeden Hinweis zu Unternehmen, die gegen Normen und Standards verstoßen. „Wir sind auf diese Hilfe angewiesen“, sagt Küchenmeister.

LUKAS DUBRO