Straßenkampf für Kandidaten

Drei Wochen vor den geplanten Präsidentschaftswahlen kommt es in Kirgisien zu Unruhen zwischen Anhängern eines ausgeschlossenen Oppositionskandidaten und der Polizei. Die Übergangsregierung setzt auf Härte gegen die Demonstranten

AUS TASCHKENT PETER BÖHM

Kaum drei Monate im Amt schwenkt die kirgisische Regierung schon auf einen härteren Kurs ein. Mit Tränengas, Schlagstöcken und Schüssen in die Luft lösten Sicherheitskräfte gestern Nachmittag in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek eine Demonstration von mehreren tausend Menschen auf. Danach kam es zu Straßenschlachten. In Dschalabad, der zweitgrößten Stadt des Landes, besetzten 200 Demonstranten ein Gericht.

Zuvor hatten mehrere hundert Demonstranten das Regierungsgebäude am zentralen Platz in Bischkek gestürmt, waren jedoch nach kurzer Zeit wieder von Spezialtruppen daraus vertrieben worden. In dem Gebäude befindet sich unter anderem der Sitz der Wahlkommission. Die Demonstranten protestierten gegen den Ausschluss Urmat Barjaktadasows bei den Präsidentschaftswahlen in drei Wochen. Die Wahlkomission lehnte seine Kandidatur ab, weil Barjaktadasow seit drei Jahren die kasachische Staatsbürgerschaft habe und kein Kirgise mehr sei. Gestern hätte ein Gericht über den Fall entscheiden sollen. Der Übergangspräsident Kurmanbek Bakiew gilt als klarer Favorit, Barjaktadasow als chancenlos.

Schon Ende April hatten mehrere hundert verärgerte Anhänger eines Politikers, der bei den Parlamentswahlen im März keinen Sitz gewann, das Oberste Gericht in der Hauptstadt Bischkek besetzt. Damals war die Reaktion der Sicherheitskräfte jedoch noch auffallend anders. Es dauerte fünf Wochen, bis sie schließlich das Gebäude räumten, und sie traten auch nur in Zivil auf.

Solche Konflikte scheinen nun jedoch häufiger zu werden. Schon Anfang dieser Woche war es zu Auseinandersetzungen zweier Gruppen verfeindeter politischer Anhänger gekommen, als 150 Demonstranten versuchten ein Hotel in Osch zu stürmen, der größten Stadt im Süden Kirgistans. Es gehört dem mächtigen Geschäftsmann und Parlamentsabgeordneten Bajaman Erkinbajew. Seine Wachleute eröffneten das Feuer auf die Demonstranten, und die Sicherheitskräfte mussten schließlich einschreiten, um die verfeindeten Lager zu trennen. Schon im April war Erkinbajew bei einem Attentat leicht verletzt worden.

Am 10. Juni wurde der Abgeordnete Jyrgalbek Surabaldijew auf offener Straße in der Hauptstadt Bischkek erschossen. Beide Abgeordnete gelten als enge Verbündete des Ende März gestürzten Präsidenten Askar Akajew. Es ist nicht bekannt, ob all diese Ereignisse einen politischen, wirtschaftlichen oder kriminellen Hintergrund haben. Aber sie sind ein sicheres Zeichen dafür, dass die neue kirgisische Regierung zunehmend zu gewaltsamen Mitteln greifen muss, um Herr der Lage zu bleiben.

Während der Westen Georgiens und die Ukraine nach den friedlichen Umstürzen engere wirtschaftliche Kooperation in Aussicht gestellt hat, kann die kirgisische Regierung ihrer Bevölkerung keine Hoffnung machen. Wie schmerzlich bewusst ihr das sein muss, zeigte sich nach dem Massaker vom 13. Mai in Usbekistan. Zwei Wochen darauf schloss Kirgisiens Übergangspräsident Bakiew eine weitere ausländische Militärbasis in Osch nicht mehr aus.

Nachdem eine chinesische Zeitung kurz darauf jedoch gemeldet hatte, die chinesische Regierung studiere diese Möglichkeit, dementierten alle Seiten umgehend.