Mit Galgen gegen die Opposition

Iran geht brutal gegen Dissidenten vor. Die Familie eines zum Tode verurteilten Deutsch-Iraners fordert eine schärfere Reaktion der Bundesregierung

Von Jannis Hagmann

Mit dem Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd und einer weiteren Hinrichtung geht der Iran weiter mit brutaler Härte gegen Oppositionelle vor. Am Donnerstag wurde der kurdische Aktivist Arasch Ahmadi exekutiert. Ihm wurde vorgeworfen, 2018 einen Polizisten ermordet zu haben, doch Menschenrechtsgruppen bezeichneten ihn als politischen Häftling. Ahmadi hatte der Komala-Partei angehört, die für die Autonomie der iranischen Kurdenregionen kämpft. Seit 1979 ist sie in Iran als Terrorgruppe verboten.

Die Exekution steht in keinem direktem Zusammenhang mit der aktuellen Aufstandsbewegung, allerdings ist diese in den kurdischen Regionen besonders aktiv. Mitte Februar waren die Proteste wiederaufgeflammt. Einzelne Demonstranten waren in den Wochen zuvor hingerichtet worden. Die Organisation Iran Human Rights erklärte, die Gesamtzahl der Hingerichteten seit Jahreswechsel – auch wegen Delikten wie Drogenkonsum – liege bereits bei 87. Hauptzweck der Todesstrafe sei es, Schrecken zu verbreiten.

Seit Beginn des Aufstands im September sind zudem mehr als 500 Menschen bei der Niederschlagung von Protesten getötet und rund 20.000 Demonstranten zumindest temporär festgenommen worden. Wie viele noch in Gefängnissen sitzen, ist unbekannt.

Am Dienstag wurde das Todesurteil gegen den deutsch-iranischen Dissidenten Jamshid Sharmahd verhängt. Er wird unter anderem für einen Anschlag in Iran 2008 verantwortlich gemacht. 2020 soll er in Dubai entführt und in den Iran verschleppt worden sein. Als Reaktion auf das Urteil wies die Bundesregierung am Mittwoch zwei iranische Diplomaten aus.

Sharmahds Familie hatte zuvor zum ersten Mal seit Monaten telefonischen Kontakt mit dem 67-Jährigen. Seine Tochter Gazelle Sharmahd berichtete der taz, ihr Vater habe sich „gebrochen“ angehört. Ihm seien Zähne ausgeschlagen worden, auch habe er aufgrund von über 900 Tagen Isolationshaft sein Gefühl für Zeit und Raum verloren.

Sie forderte die Bundesregierung zu „maximaler Eskalation“ auf. Deutschland dürfe sich nicht von „Kidnappern“ und „Terroristen“ unter Druck setzen lassen. „Das Regime lässt sich nicht einschüchtern durch die Ausweisung von zwei Diplomaten.“ Dies hätte ohnehin schon passieren müssen, als ihr Vater entführt wurde.

Auch die Opposition kritisierte das Vorgehen als zu zögerlich. CDU-Politiker Norbert Röttgen sagte der taz: „Wenn es jetzt keine harten Konsequenzen gibt, wird diese Methode – ausländische Staatsbürger zu entführen und als Druckmittel einzusetzen – Schule machen.“ CDU-Chef Friedrich Merz forderte, Irans Botschafter auszuweisen. Aktuell ist laut Bundesregierung „eine mittlere einstellige Zahl von Deutschen und deutsch-iranischen Doppelstaatlern“ in Iran inhaftiert. Die EU hatte am Montag neue Sanktionen gegen Iran beschlossen. Neben Richtern, Staatsanwälten und Gefängnisdirektoren wurden auch der Kulturminister und der Bildungsminister auf die Liste gesetzt.