Milde Strafe für empörten Flaschenwerfer

Student muss nur Geldstrafe zahlen. Er hatte sich über den Polizeieinsatz bei NPD-Demo am 1. Mai 2004 erregt

Die Deeskalationsstrategie der Polizei rund um den 1. Mai hat sich bewährt, Krawalle sind seltener geworden. Das Konzept sieht auch vor, bei Ausschreitungen durchzugreifen. Die Justiz spricht dann oft harte Strafen aus. Eine Richterin am Amtsgericht Tiergarten hat dieser Tendenz gestern widerstanden. Der 25-jährige B. wurde wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung nur zu einer Geldstrafe – 90 Tagessätze à 15 Euro – verurteilt. Elf Monate Haft hatte der Staatsanwalt gefordert. Für den angehenden Lehrer B. wäre das einem „Berufsverbot“ gleichgekommen. „Hätte die Strafe nur um einen Tagessatz höher gelegen, wäre er nicht einmal in die Bewerberliste aufgenommen worden“, erklärte Verteidigerin Christina Clemm. Die Richterin betonte, dass eine Geldstrafe „ausnahmsweise“ ausreichend sei. Weil man B. seine Zukunft nicht verbauen wolle, er bislang polizeilich nicht aufgefallen sei und weil er seine Tat bereue, sehe man von einer Freiheitsstrafe ab.

Am 1. Mai 2004 nahm B. an Protesten gegen den NPD-Aufmarsch teil. Die Polizei räumte den Weg für die Rechtsextremen frei. Aus Wut über dieses seiner Ansicht nach falsche politische Signal warf der Angeklagte eine Flasche – sie zerschellte rund fünf Meter neben einem Beamten. „Zu keinem Zeitpunkt hatte ich vor, jemanden zu verletzen“, beteuerte B., „bereits bei der Festnahme habe ich mein Handeln verflucht.“ Den Beamten, die ihn festnahmen, hat er Entschuldigungen geschickt. Die Staatsanwaltschaft will in Berufung gehen. KARSTEN SCHÜLE