Frauen fotografieren selten Covershoots

Nur ein Viertel aller Magazincover wird von Frauen fotografiert. Dabei sind Fotografinnen in der Ausbildung meist in der Überzahl

Von Damian Zimmermann

Fotografinnen sind auf den Titelseiten deutscher Zeitschriften und Magazinen weiterhin stark unterrepräsentiert. Das ergab eine Auswertung von insgesamt 928 Titelseiten von 72 Magazinen, die in Deutschland im Jahr 2022 veröffentlicht wurden. Nur 25 Prozent der Cover wurden von Frauen fotografiert, während mehr als die Hälfte, 54 Prozent, eindeutig Männern zugeordnet werden konnte. Zwei Prozent wurden von gemischten Teams fotografiert. Allerdings konnte mit 19 Prozent fast jede fünfte Fotografie auf einer Titelseite weder einem Autor noch einer Autorin zugeordnet werden.

Initiiert und durchgeführt wurde die Untersuchung vom Verein Female Photoclub, dem Berufsverband Freelens und dem Deutschen Journalisten-Verband Nord. Es war bereits die zweite Erhebung: Vor drei Jahren wurden mehr als 500 Cover von 30 Magazinen untersucht. Das Ergebnis war 2019 noch unausgeglichener: Damals stammten sogar nur 14 Prozent der untersuchten Titelseiten von Fotografinnen, der Anteil der Männer lag bei 63 Prozent.

Doch gibt es große Unterschiede bei den einzelnen Magazinen. Bei Titeln wie Donna (92 Prozent), Brigitte (58 Prozent), Freundin (79 Prozent) und Missy Magazin (83 Prozent) stammt die Mehrheit der Coverfotos von Frauen, bei Yoga Aktuell waren es sogar 100 Prozent. Auf der anderen Seite konnte in Magazinen wie Guido, Beef!, The Red Bulletin und Walden kein einziges Titelfoto einer Frau zugeordnet werden. Mit einem Fotografinnenanteil von 17 und 20 Prozent schneiden auch Elle und Vogue vergleichsweise schlecht ab.

Überraschend ist das Ergebnis vor allem deshalb, weil der Frauenanteil unter den Fotografie-Studierenden oft mindestens bei 50 Prozent und manchmal sogar darüber liegt. Auch die Bildredaktion-Klasse der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin, einer der wenigen Ausbildungsorte für Bildredakteure in Deutschland, hat traditionell sogar einen deutlichen Frauenüberschuss.

Magazine, die ihre Fotografien selbst in Auftrag geben, zeigen häufig einen größeren Frauenanteil

Doch woran liegt es nun, dass Fotografinnen noch immer deutlich seltener auf Titelseiten landen? Da es sich bei den Zahlen nur um das Ergebnis einer Erhebung, nicht jedoch um eine ausführliche Studie handelt, sind die Gründe nicht klar zu benennen. „Die Ungleichheit beginnt schon in den Agenturen, wo Fotografinnen immer noch zu wenig vertreten sind“, kommentiert die Freelens-Geschäftsführerin Heike Ollertz das Ergebnis. „Als wir vor drei Jahren die Agentur Focus in ein Kollektiv umgewandelt haben, war ich die einzige Frau unter den Gesellschaftern und eine der wenigen Frauen in der Agentur. Seither nehmen wir ausschließlich Frauen auf, und zwar so lange, bis wir den Anteil der Kolleginnen signifikant erhöht haben. Geschlechtergleichheit ist eine bewusste Entscheidung.“

Der Female Photoclub warnt grundsätzlich vor geschlechterspezifischen Klischees in Redaktionen, die „Frauen Yoga und Männer rohes Fleisch fotografieren lassen. Doch Genderdiversität in der Fotografie sollte nicht nur in eine Richtung gehen“, heißt es. „Männer dürfen ebenso vermeintliche Frauenthemen fotografieren und umgekehrt.“

Ein ebenfalls interessanter Befund: Die Magazine und Zeitschriften, die ihre Fotografien und Illustrationen selbst in Auftrag geben, zeigen häufig einen größeren Frauenanteil. Allerdings wird geschätzt, dass nur 40 Prozent aller Titelseiten überhaupt beauftragt werden – der Rest kommt quasi aus der Konserve und stammt von Bildagenturen. Dieses Material ist meist sehr allgemein gehalten, zeigt typische Klischees – und wird häufiger von Männern produziert.