Frauenfußball in Hamburg: Verband will Frauenausschuss canceln

Hamburgs Fußballverband will geschlechtsspezifische Gremien abschaffen. Nun fürchten Frauen, ihre Repräsentanz zu verlieren – und protestieren.

Ein Mädchen steht auf einem Fußballplatz und kickt den Ball in die Luft.

Könnte im Hamburger Fußballverband in Vergessenheit geraten: Ein Mädchen beim Training

HAMBURG taz | Im Hamburger Fußball Verband (HFV) ist die Aufregung groß: Das Präsidium will den Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball abschaffen. Darüber stimmen die 389 Mitgliedsvereine im Juni ab. Sie repräsentieren 198.000 Fußballer*innen, davon 27.000 Frauen und Mädchen.

Den Ausschuss für Frauen und Mädchen gibt es seit 50 Jahren. In seinem Bericht für 2021/22 schreibt die Mitbegründerin Hannelore Ratzeburg: „Durch die Errichtung wurde ein Gremium geschaffen, das die Interessen und Anliegen der Vereine mit Frauen- und Mädchenmannschaften im HFV vertritt. Aber in den Anfangsjahren stimmten auf den ordentlichen Verbandstagen überwiegend Delegierte aus dem Männerfußballbereich über Anträge und Entwicklungsmaßnahmen für den Frauen- und Mädchenfußball ab, ohne Einblick in die Notwendigkeiten für diesen Bereich zu haben.“

Cordula Radtke fürchtet, es könne wieder so kommen wie vor 50 Jahren: „Natürlich werden wir noch eine Vertretung in den neuen Ausschüssen haben“, sagt die erste Vorsitzende des FFC Elbinsel. „Aber ob die sich gegen die Anliegen der Männer durchsetzt, ist fraglich – im Verband sind die Interessen der Männer schließlich viel stärker vertreten als die der Frauen.“

Die HFV-Vizepräsidentin Kathrin Behn möchte klarstellen: „Wir wollen den Ausschuss für Frauen nicht explizit abschaffen.“ Das Präsidium wolle alle drei Ausschüsse auflösen: Auch die der Herren und der männlichen Jugend. Stattdessen sollen zwei neue Ausschüsse gegründet werden: Je einer für Erwachsene und für Kinder und Jugendliche. Eine Differenzierung nach Geschlecht finde nicht statt. „Auch hier sollen natürlich die Frauen repräsentiert werden, das ist uns ganz wichtig. Durch diese Neuausrichtung stärken wir sogar die Position der Frauen“, sagt Behn.

Strukturen wie vor 50 Jahren

Als sie die Ausschüsse im vergangenen Jahr befragt hätten, sei herausgekommen, dass viele Aufgaben doppelt erledigt würden. Die Organisation werde künftig klarer. „Die Sorge, dass die Frauen nicht repräsentiert werden, ist natürlich total legitim. Wir müssen uns damit beschäftigen, dass das nicht passiert“, sagt Behn.

Radtke ist aufgebracht: „Es geht ums Geld – glaube ich. Aber wir als Vereine haben wenig Informationen bekommen und wurden nicht in den Prozess einbezogen.“ Man könne über alles reden – vielleicht gebe es auch gute Gründe und eine Neustrukturierung sei nicht per se schlecht. Radtke fühlt sich aber nicht mitgenommen und sagt, dass es auch den anderen Frauen-Vereinen so gehe. „Demokratische Entscheidungen sind etwas anderes.“

Als die Frauenvereine von der Veränderung erfuhren, sei es emotional geworden: „Unsere Mädchen müssen so schon für vieles kämpfen. Damit wird ihnen ihre Stimme genommen“, sagt Radtke. „Mädchen werden von den Jungen erst ernst genommen, wenn sie sehen: Die kann ja wirklich Fußball spielen.“

Petition gegen die Abschaffung

Auch Annika Mollenhauer von Grün-Weiß Eimsbüttel, selbst Beisitzerin im Ausschuss, kann die Gründe für die Abschaffung nicht nachvollziehen. „Wir sind noch nicht so weit, deswegen können Frauen und Mädchen auch nicht gleich behandelt werden wie Jungen und Männer.“

Auf change.org läuft derzeit eine Petition gegen die Schließung des Ausschusses für Frauen und Mädchen. Knapp über 1.000 Personen haben bislang unterschrieben.

Wenn die Vereine im Juni abstimmen, rechnet Radtke mit der Abschaffung des Ausschusses. Schließlich seien die Frauen- und Mädchenvereine in der Minderheit. Doch sie gibt noch nicht auf, zitiert Bertolt Brecht: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren – ich als Vereinsvertreterin schäme mich für das Präsidium.“

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