Rückkehr Russlands in den Weltsport: Zwei Hymnen für die Russin

Anastasija Demurtschjan wird Boxweltmeisterin und muss zwei Mal zur Siegerehrung. Die Titelkämpfe in Indien enden mit einem Aufreger.

Die Rindrichterin hebt den Arm der russischen Boxerin in die Höhe

Moment des Triumphs: Anastasija Demurtschjan wird zur Siegerin erklärt Foto: imago

BERLIN taz | Am Ende gab es dann doch noch ein kleines Skandälchen bei der Frauen-WM im Boxen. Die stand ja unter strenger Beobachtung der kritischen Sportbeobachter, nachdem der Internationale Boxverband IBA beschlossen hatte, russische und belarussische Athletinnen ohne jede Bedingung zu dem Turnier zuzulassen. Etliche Nationen, darunter Großbritannien und die USA, hatten aus diesem Grund ihre Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt. Sie wollten nicht zu Statisten einer Veranstaltung werden, bei der die russische Fahne stolz geschwenkt wird.

Das ist nun am letzten Wettkampftag des Turniers geschehen. Die erst 18-jährige Russin Anastasija Demurtschjan lief mit der russischen Fahne durch den Ring, nachdem sie zur Siegerin des Finales gegen die Australierin Kaye Scott gekürt worden war. Danach schritt sie zur Siegerehrung, bekam einen Blumenkranz aufgesetzt, eine Goldmedaille umgehängt, einen Weltmeistergürtel in die Hand gedrückt sowie einen Scheck über 100.000 Dollar.

Sie blieb auch dann noch stolz stehen, als statt der russischen Hymne das 1. Klavierkonzert von Pjotr Tschaikowski angespielt wurde. Die russischen Funktionäre waren da schon auf dem Weg zum Tisch der WM-Organisatoren in Neu-Delhi, um zu protestieren. Da war er also, der Skandal. Das russische Team wollte unbedingt die Hymne des Landes hören und nicht jene Takte des Klavierkonzerts, die in den Jahren des russischen Dopingbanns bei internationalen Wettbewerben erklang.

Getrübte Freude in Team Russland

Die ganze Freude über den Titel von Demurtschjan in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm sei dahin gewesen, als die falsche Hymne angespielt wurde, beklagte sich der russische Auswahltrainer Albert Mutalibow.

Nach einer Beschwerde durfte Demurtschjan noch einmal auf das Podest steigen. Allein ohne die Silber- und Bronzemadaillengewinnerinnen neben sich stand sie nun da und hörte die Hymne wie ihre Mannschaftskameradinnen und Betreuer, die kräftig mitgrölten.

IBA-Präsident Umar Kremlew, auch er ein Russe, kündigte eine Untersuchung der Vorfälle an. Außerdem stellte er eine Verdoppelung der Preisgelder für die nächste WM der Frauen in Aussicht. Falls Fragen aufkommen sollten, weshalb in diesen Zeiten des Angriffskriegs auf die Ukraine ein Russe mit zwielichtiger Vergangenheit als Rocker bei den Putin-treuen Nachtwölfen zum Präsidenten eines Weltsportverbands gekürt wird – hier könnte die Antwort liegen.

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