Jedes fünfte Kind ist auffällig

Der Kölner Psychotherapeut Manfred Döpfner fand heraus: Jedes fünfte Kind leidet unter Ängsten und Aggressionen – oft mit Folgen bis ins hohe Erwachsenenalter

Bis zu 20 Prozent der deutschen Kinder und Jugendlichen weisen Auffälligkeiten wie Ängste, Depressionen und insbesondere Aggressionen auf. „Die Ursachen für solche Störungen sind vielfältig“, sagte Manfred Döpfner, Professor für Psychotherapie an der Universität Köln. Dabei komme es häufig zu einem Zusammenspiel einer erblichen Komponente und der Umwelteinflüsse. „Es gibt Kinder, die schon kurz nach der Geburt Auffälligkeiten aufweisen.“ Dazu gehörten häufiges Schreien und Probleme mit der Nahrungsaufnahme und dem Schlaf-Wachrhythmus.

Zu unterscheiden seien grundsätzlich externale Auffälligkeiten, wie Hyperaktivität und Aggressivität, und internale Auffälligkeiten, wie Ängste und Depressionen. Dabei würden sich manche Störungen schon im Kindesalter entwickeln, andere aber auch erst in der Jugend. Ursache der zunehmenden psychischen Störungen seien verschiedene Faktoren, wie hohe Scheidungsraten, Schönheitsideale und zunehmende Freiräume in der Wahl der Freizeitgestaltung. „Je mehr Freiräume die Kinder haben, desto wichtiger sind Regeln“, empfiehlt Döpfner.

Folgen der Störungen könnten unter anderem Gewalt und Kriminalität sein. „Wir haben früher gedacht, dass sich solche Auffälligkeiten auswachsen“, sagte Döpfner. Heute seien sich Experten sicher, dass das oft nicht der Fall sei. „In den letzten 20 Jahren hat sich die Gewalt deutlich erhöht.“ Gewalthandlungen würden vor allem immer früher auftreten, sagte Döpfner auf einem Präventionskongress in Köln Anfang Juni. „Nicht jeder Wutausbruch muss aber gleich Sorge bereiten.“ Ausschlaggebend sei die Häufigkeit und die jeweilige Situation. „Wichtig ist, die Kinder bei der Bewältigung ihrer Probleme zu unterstützen.“

Döpfner glaubt, dass viele Eltern zu sehr auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder fixiert seien, nur auf ihre Noten achten würden. Wie es dem Nachwuchs tatsächlich geht – darüber können sie häufig keine Aussagen treffen. Eltern und Lehrer müssten sich regelmäßig austauschen. „Eltern sollten sich auch nicht nur auf die Probleme fokussieren, sondern vor allem die Stärken des Kindes fördern.“

Neben medikamentösen Behandlungen zeigten verhaltenstherapeutische Maßnahmen zunehmende Wirksamkeit. Dabei lernen Eltern und Kinder gezielt mit Wutausbrüchen und anderen Problemen umzugehen. Therapien dauern nach Aussage von Döpfner von drei Monaten bis zu zwei Jahren und würden in der Regel von den Krankenkassen finanziert. Döpfner leitet in Köln verschiedene Projekte, in denen bereits Eltern verhaltensauffälliger Kindergartenkinder Trainings angeboten werden. „Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit solchen Präventivmaßnahmen Auffälligkeiten vermindern können.“ (dpa)