Angeklagter belastet Aussteiger

Erstmals gibt der Hauptverdächtige seine Beteiligung am tödlichen Brandanschlag von Saarlouis zu

Aus Koblenz Christoph Schmidt-Lunau

Es kommt Bewegung in den Prozess am Koblenzer Oberlandesgericht – fast 32 Jahre nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingswohnheim in Saarlouis, bei dem der ghanaische Flüchtling Samuel Yeboah ums Leben kam. Für diesen Dienstag nämlich hatte die Verteidigung eine „geständige Einlassung“ des Angeklagten Peter S. angekündigt. Doch wer sich davon mehr Klarheit erhofft hatte, wurde enttäuscht.

Erstmals räumte der 51-jährige S. zwar ein, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Mit drei Kumpels aus der rechten Skinheadszene von Saarlouis habe er im Bayerischen Hof reichlich Bier und Schnaps konsumiert. Man habe die Angriffe auf Ausländer im sächsischen Hoyerswerda diskutiert. Kumpel Sch. habe sich begeistert geäußert und auch noch am Abend nach Ostdeutschland aufbrechen wollen, „um Randale zu machen“.

Trinkkumpan Str., damals unstreitig Anführer der Szene, habe Sch. ausdrücklich widersprochen. „Man sollte sich lieber Mann gegen Mann prügeln“, habe der Chef argumentiert. Nur Sch. und der Angeklagte seien deshalb zum Flüchtlingsheim aufgebrochen, Str. habe davon nichts erfahren sollen. Im Flur des Wohnheims habe Sch. schließlich einen mitgebrachten Benzinkanister ausgeschüttet und in Brand gesetzt.

„Dass dabei Menschen ums Leben kommen könnten, wusste er nicht und habe er auch nicht beabsichtigt“, trug S.’Verteidiger Guido Britz vor. Aus Angst vor der Szene habe sein Mandant bis jetzt geschwiegen, S. „bedauere den Vorfall zutiefst“, so die von Britz vorgelesene Erklärung des Angeklagten. Auch Nachfragen des Gerichts wollte S. nicht beantworten.

„Sehr durchsichtig“ nannte Opferanwalt Alexander Hoffmann dieses Teilgeständnis. Mit Sch. solle nun ausgerechnet ein Aussteiger aus der Neonaziszene den tödlichen Brand gelegt haben. Ausgerechnet Str., der damalige Kopf der Szene, habe angeblich dagegen votiert und deshalb habe vor ihm die Tat verheimlicht werden müssen. Für Hoffmann ist die neue Version des Angeklagten wenig glaubwürdig: „Es ist der massive Versuch, den alten Kameraden, Chef des Ganzen, freizuhalten von Verantwortung“, so der Rechtsanwalt.

Zuvor war dem Angeklagten eine mildere Strafe angeboten worden, wenn er gestehe. Der Deal platzte zunächst. Dann kündigte die Verteidigung die „geständige Einlassung“ an. Den Deal habe die Nebenklage mit der Hoffnung mitgetragen, endlich Klarheit über die Tat zu gewinnen. Wenn aber jetzt der Angeklagte Erklärungen abgebe, die „diametral“ seinen bisherigen Darstellungen widersprächen und dazu nicht einmal Nachfragen zulasse, werde die Suche nach der Wahrheit erschwert, kritisiert Rechtsanwalt Hoffmann. Er vermutet, dass dies die Beweisaufnahme verlängern wird.

Statt der erwarteten Wende in diesem Prozess ging deshalb auch an diesem 25. Verhandlungstag die mühsame Zeugenvernehmung weiter, über 30 Jahre nach der Tat. Das Gericht hat bislang angedeutet, dass es die Aussagen der Zeugen für glaubwürdig hält, nach denen der Angeklagte S. mehrfach mit seiner angeblichen Brandstiftung geprahlt habe.