Europas Banken vom Fusionsfieber befallen

Auch die Deutsche Bank sucht verstärkt nach Übernahmekandidaten. In Polen steht bereits eine „Superfusion“ an

WARSCHAU/BERLIN taz ■ Nach der Übernahme der HypoVereinsbank durch die italienische UniCredito befinden sich auch andere Banken auf Brautschau. Zum Beispiel die Deutsche Bank, die nun gemessen am Börsenwert auf Platz zwei gerutscht ist. „Wir sind bereit, in allen Märkten, in denen wir schon vertreten sind, und auch in neuen Märkten Banken zu übernehmen“, sagte deren Chef Josef Ackermann dem Handelsblatt. Er verwies auf die Postbank. Eine mögliche Fusion sei eine gute „strategische Perspektive“. Doch deren Mutter Deutsche Post wehrt ab. „Die Mehrheit bleibt bei uns“, stellte Post-Chef Klaus Zumwinkel klar.

Die Deutsche Bank war in den vergangenen Jahren bei zwei großen Übernahmeversuchen gescheitert. Zunächst platzte die Fusion mit der Dresdner Bank, 2004 dann der Kauf der Postbank. Nach möglichen Partnern in Deutschland sucht derzeit auch die Commerzbank.

Auch in anderen europäischen Ländern geht der Trend zur Bankenhochzeit. In Polen steht eine „Superfusion“ an. Die größte Bank Polens wird entstehen, wenn nächstes oder übernächstes Jahr auch die Töchter von UniCredito und HypoVereinsbank fusionieren, nämlich die italienische Pekao SA mit der HVB-Tochter BPH. Die bislang größte polnische Bank PKO BP würde durch die Fusion auf den zweiten Platz zurückfallen.

Analysten schätzen, dass die polnischen Tochterbanken mit ihrer Fusion zwar Kosten in Höhe von 500 bis 600 Millionen Euro einsparen könnten, dies aber mit dem Verlust von bis 6.000 Arbeitsplätzen einhergehen würde. Jede fünfte der etwa 1.250 Bankfilialen von Pekao SA und BPH würde durch die Fusion überflüssig.

Polens Gewerkschaften fürchten, dass die polnischen Bankangestellten schlechter behandelt werden könnten als diejenigen in Italien und Deutschland. Unklar sei etwa, ob es für die Bankangestellten, die entlassen werden sollen, einen ähnlichen Sozialplan wie in Westeuropa geben werde. Die Gewerkschaften kündigten an, mit der UniCredito Verhandlungen aufzunehmen, der zurzeit 53 Prozent der Pekao SA gehören. Außerdem wollen sie europäische Organisationen um Hilfe bitten.

Beide Banken haben Erfahrungen im Wegrationalisieren überflüssig gewordener Strukturen. Die Pekao hat in den letzten Jahren allein vier Banken geschluckt, die BPH fusionierte mit der Allgemeinen Kreditbank PBK. Während die Pekao 2001 noch über 18.000 Mitarbeiter beschäftigte, waren es Ende letzten Jahres noch 16.400. Die BPH baute in den letzten drei Jahren 3.000 Stellen ab.

Doch nicht nur für viele polnische Bankangestellte werde die Fusion negative Folgen haben, meint Alicja Jędrych, die Vorsitzende des BPH-Betriebsrates. Auch die Bankkunden in Polen hätten keine Vorteile. „Die Bank wird die Preise diktieren“, fürchtet Jędrych.

Beim polnischen Bankenverband dagegen geht man davon aus, dass die Fusion aufgrund des erhöhten Wettbewerbs zu einem Qualitätsschub bei vielen Bankdienstleistungen führen wird. GABRIELE LESSER
KATHARINA KOUFEN