Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Umzug nach Berlin

Pham Phi Son will mit seiner Familie von Chemnitz nach Berlin ziehen. Dort hoffen sie auf dauerhaften Aufenthalt statt angedrohter Abschiebung.

Eine vietnmamesische Familie

Pham Phi Son 2023 mit seiner Familie in Chemnitz am Rande einer Kundgebung gegen die Abschiebung Foto: Sebastian Willnow/dpa

BERLIN taz | Im Fall des ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son und seiner Familie aus Chemnitz, dem Behörden und Härtefallkommission nach 36 Jahren in Deutschland ein Bleiberecht verweigern, gibt es eine Wende: Die Familie wird nach Berlin umziehen. Das teilte die Stadt Chemnitz auf ihrer Website mit.

Chemnitz befürworte den Antrag der Familie auf Umzug, steht dort „und wird dafür die sogenannte Residenzpflicht aufheben.“ Weil der Vater nur eine Duldung, Frau und Tochter eine Ausreiseaufforderung haben, war eine behördliche Genehmigung für den Umzug notwendig.

Mit der Umzugsgenehmigung bekommen die Stadt Chemnitz und das Land Sachsen einen Fall vom Tisch, der mehr Staub aufwirbelt, als ihnen lieb ist. Überregionale Medien berichten, 107.000 Menschen haben eine Onlinepetition für ein Bleiberecht unterzeichnet.

Die Katholische Kirche und Eltern aus der Kita der Tochter solidarisieren sich mit den „derzeit prominentesten Chemnitzern“, wie es der katholische Seelsorger der Familie ausdrückt. Dennoch hatte sogar die Härtefallkommission mehrfach gegen die Familie entschieden. Ein erneuter Antrag dort hätte, so Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat, wenig Aussicht auf Erfolg gehabt.

Hoffnung, dass sich andere Bundesländer bewegen

Die Mitteilung der Stadt war überschrieben mit „Umzug aufgrund besserer beruflicher Perspektive“. Doch das trifft nicht den Kern. Beide Eltern haben in der Nähe von Chemnitz unbefristete Jobs. In Berlin haben sie einen Job bei einem Caterer gefunden. Hier läge die wöchentliche Arbeitszeit des Familienvaters, der bisher nur Teilzeit arbeitet, etwas höher. Doch die Familie hat die Hoffnung aufgegeben, dass sich Sachsen noch bewegt. Deshalb der Umzug. Das Ausländerrecht willigt in ihrem Fall Behörden einen Ermessensspielraum zu.

Die Familie ist optimistisch, dass der in jedem anderen Bundesland genutzt wird. Die Chemnitzer Ausländerbehörde wird von einigen AnwältInnen als die härteste bundesweit angesehen. Als im März die taz den Familienvater zu einem taz-Talk eingeladen hatte, waren mehrere ehemalige Chemnitzer Vietnamesen im Publikum, die heute in Berlin und Brandenburg leben. Sie sagten am Rande der Veranstaltung, dass sie umgezogen seien, „weil die Ausländerbehörde in Chemnitz uns so gequält hat“. Durch Unterstützung von Berliner Vietnamesen hat die Familie in der Hauptstadt eine Wohnung gefunden.

Dave Schmidtke vom sächsischen Flüchtlingsrat erklärt den bevorstehenden Umzug der Familie als „einen Schritt aus aufenthaltsrechtlicher Verzweiflung“. In Berlin bestehe keine Sicherheit, dass die Behörden anders als in Sachsen entscheiden, aber Hoffnung. Orkan Özdemir, integrationspolitischer Sprecher der Berliner SPD, sagt der taz, er erwarte, dass dieser Fall in die Berliner Härtefallkommission eingebracht und dort bewertet wird. „Es spricht vieles dafür, dieser Familie eine Perspektive in unserer Stadt zu ermöglichen.“

Vielleicht muss es aber auch gar nicht erst zu einem Härtefallantrag kommen. Katina Schubert, Fachpolitikerin der Linken, sagt der taz, sie erwarte vom Berliner Landesamt für Einwanderung, dass die Duldung in ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht umgewandelt wird. „Nach 36 Jahren ist die Familie Teil dieser Gesellschaft.“ Ein Problem in Berlin sieht sie in der langen Wartezeit bei der Behörde.

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