herzensort
: Sanft schaukelnde Symmetrie

Im Frühling ist sie endlich wieder dort, wo sie hingehört: Frisch aus dem Schrank geholt, spannt sich meine Hängematte quer über den Balkon. An guten Tagen räkle ich mich mit Sonnenbrille auf der Nase hinein und esse ein Eis. An schlechten Tagen nimmt sie mich auf wie ein Kokon, ihre Ränder lassen sich über den Körper klappen. Nichts dringt dann mehr zu mir durch als die sanft schaukelnde Symmetrie der bunten, schon sehr ausgebleichten Farbstreifen: Gelb, rosa, grün, blau, weiß, rot.

Dieses peruanische Webwunder hat mich schon durch viele Wohnungen, Städte und Lebenssituationen begleitet. Bekommen habe ich die Hängematte Mitte der 90er Jahre vom Besitzer eines Eine-Welt-Ladens-in Passau, als Lohn für ein paar Tage Verkaufsarbeit. Vom ersten Liegemoment an liebte ich sie.

Seither hat in ihren straff gewebten Falten vieles stattgefunden: Partys, spontane Gästebeherbergung, Sex, Anbahnungen und Trennungen, sogar die Baby-und Kleinkindphase meiner Kinder hat sie überlebt mit ihrer unerschütterlichen Farbfröhlichkeit. Und wer weiß, vielleicht gibt sie dereinst sogar eine gute letzte Ruhestätte ab? Nina Apin