Er lebt und atmet. Aber er braucht Pflege wie ein alter Mann

Der original Gottorfer Globus steht als Hauptattraktion in der finanziell bedrängten Kunstkammer in St. Petersburg und hat von dem Globus-Hype nichts abbekommen

Wenn die Leiterin der Kunstkammer in St. Petersburg, Tatjana Mojseeva, über den Gottorfer Globus spricht, klingt es, als rede sie von einem Menschen: „Er ist in gutem Zustand, er lebt. Aber er ist krank, weil er so groß ist und ständig atmet. Er ist eben alt, und wie ein alter Mann braucht er Pflege.“ Der Gottorfer Globus ist eines der ältesten und wertvollsten Stück der Sammlung: „Ein Unikat, das Denkmal zweier Kulturen“, sagt Mojseeva.

Die Kunstkammer sieht in weiten Teilen so aus wie im 18. Jahrhundert: In langen Gängen stehen Gläser mit siamesischen Zwillingen und dreibeinigen Ziegen, die sich Museumsgründer Peter der Große schicken ließ. Das Geld für den Erhalt des Museums ist knapp. Mojseeva und ihr Team kämpfen für die Schätze der Kunstkammer, besonders für den Globus, das „Ausstellungsstück Nummer eins“. Aber die marode Bausubstanz des Turms, in dem der Globus steht, macht die Renovierung zu einem Dauerproblem.

Wilfried Eckstein, Leiter des Goethe-Instituts in St. Petersburg, hat es vor Jahren immerhin geschafft, eine Delegation des Bundeskultusministeriums die vielen Stufen hinauf in den Turm zu locken. Die Bundesrepublik spendete 16.000 Euro. Die Zeit-Stiftung allerdings, wie anderen Stiftungen engagiert beim Neubau der Kopie im Schleswiger Fürstengarten, reagierte nicht auf die Bitte, auch das Original zu beschenken.

Mojseeva und ihr Team würden sich ein internationales Netzwerk der Unterstützung wünschen. Immerhin: Delegationen aus Schleswig besuchten die Kunstkammer, Mojseeva war im vergangenen Herbst in Schleswig. Aber es war nicht mehr als ein kurzer Besuch. Die Diskrepanz, dass für den Neubau so viel mehr Geld aufgewendet wird als für den Erhalt des Originals, ist für Thomas Gädeke, Sprecher der Stiftung Landesmuseen, kein Thema: „Das ist das Problem der Russen.“ Überhaupt: Der in Petersburg stehende Globus sei eigentlich nicht das Original. Das stimmt in gewisser Weise: 1747 brannte der Globus aus und wurde neu aufgebaut. Die Weltkarte wurde modernisiert und mit kyrillischen Buchstaben beschriftet. Sie sieht eher nüchtern aus.

Der Nachbau dagegen ist voller bunter Bildchen, angefertigt von den Malern Barbara und Klaus Butzke. Wer genau hinschaut, findet Schiffe, die mit geblähten Segeln in die falsche Richtung fahren, außerdem Strauße und Kannibalen.

Ob das Original so ausgesehen hat? Unbekannt. Was Gädeke zum Anlass nimmt davon auszugehen, dass der Nachbau das schönere Original sei. est