LESERINNENBRIEFE
:

Das rechte Auge reiben

■ betr.: „Nächste Straßenschlacht droht“, taz vom 8. 5. 12

Ich frage mich – nach zwei genehmigten Aufmärschen Rechtsradikaler vor Moscheen in NRW –, ob und wann demnächst wieder rechtsradikale Demos vor Synagogen genehmigt werden oder ob die Verwaltungsgerichte sich vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit im Dritten Reich und angesichts der zunehmend aggressiven Mobilisierung der diversen Neonazi-Gruppierungen und -Parteien endlich mal das rechte Auge klar reiben und überlegen, ob Versammlungs- und Meinungsfreiheit am rechtsradikalen Rand nicht auch ihre Grenzen hat?! ULRIKE BICKEL, Bonn

Rechtskonservative Extremisten

■ betr.: „Nächste Straßenschlacht droht“, taz vom 8. 5. 12

Sowohl bei Pro NRW als auch bei den Salafisten handelt es sich um rechtskonservative Extremisten. Beide Gruppierungen kämpfen, freilich von der jeweils eigenen Perspektive aus, für ein gemeinsames Ziel: die überwältigende Mehrzahl der friedliebenden Muslime in Deutschland zu diskreditieren und multikulturellen Lebensentwürfen den Kampf anzusagen. Das dürfen wir nicht zulassen – wir als Linke schon gar nicht! DIRK FLEISCHMANN, Berlin

Das Ende wird schrecklich sein

■ betr.: „Sparkurs lockern“, taz vom 9. 5. 12

Ebenso wie die gesamte politische Klasse setzt auch Hollande auf ein in der Konsequenz ewiges Wirtschaftswachstum in einer endlichen Welt. Das ist sehr bequem und erspart das Nachdenken. Weil die Politik es heute nicht schafft, die Staatsausgaben aus der gegebenen Wertschöpfung zu finanzieren, werden Wechsel auf eine künftig höhere Wertschöpfung durch Wirtschaftswachstum ausgestellt. Um das Wachstum zu erreichen, werden weitere Schulden gemacht. Um die Schulden plus Zinsen zurückzahlen zu können, wird auf noch höheres Wachstum gesetzt. Und so weiter. Das Ende wird schrecklich sein, wenn die Ressourcen verprasst sein werden. Das Fazit kann nur sein, die Aufnahme von Schulden strikt zu verbieten und den unausbleiblichen radikalen Schuldenschnitt nicht weiter kunstfertig hinauszuschieben. ALFRED MAYER, München

Biopiraterie gefeiert

■ betr.: „Der Kunststoffschlucker“, taz vom 5. 5. 12

Wie die taz schreibt, reisen jedes Jahr Studenten der Universität New Haven, Connecticut, in den Regenwald, um unerforschte Pflanzen zu untersuchen. „Der jüngste Fund: ein Pilz, der Plastik frisst.“

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass einmal mehr Biologen aus Industrieländern mit Spezies, die sie in Entwicklungsländern finden, die Welt retten. Diese Ressourcen gehören den Ursprungsländern und man braucht deren vorherige Zustimmung (Prior Informed Consent) und einen Vertrag (Mutually Agreed Terms), der die faire Verteilung der Vorteile, die bei der Nutzung ihrer Ressourcen entstehen, regelt. Die Besitzverhältnisse sind durch die Konvention über biologische Vielfalt geregelt. Es gibt seit Langem schon die Bonn Voluntary Guidelines on Access and Benefit-Sharing. Seit 2010 gibt es das Nagoya-Protokoll über Access and Benefit-Sharing, das im Ratifikationsprozess ist. Die USA sind neben dem Vatikan das einzige Land, das kein Vertragsstaat der Konvention ist. Ich bin etwas unglücklich, wenn Europäer US-Wissenschaftler feiern, die ganz klar Biopiraterie begehen. CHRISTINE VON WEIZSÄCKER, Emmendingen

Nachricht aus Neandertal

■ betr.: „Der Sharer ist die Zukunft“ u. a., taz vom 9. 5. 12

Gute Idee. Aber was, bitte schön, hat das Ganze mit dem Urheberrecht zu tun?! Janosch Schobin bezieht sich hier offensichtlich auf das Verwertungsrecht. Aber um das Verwertungsrecht geht es in der Urheberrechtsdebatte doch gar nicht! Ich konnte und kann zu allen Zeiten bestimmen, ob ich die Verwertungsrechte an meinen Büchern verkaufe, verschenke oder selbst behalte.

Herr Schober möchte uns weismachen, dass „Sharer“ wichtige Geschäftspartner für Urheber sein werden. Aber: Wir Autoren haben doch schon längst unsere „Sharer“: Lektoren, Vertriebsmenschen, Buchhändler. Sie sorgen dafür, dass unsere Bücher zum Leser finden – in der realen wie in der digitalen Parallelwelt. Das geschieht auf ganz legale Weise, wir sind Geschäftspartner, und dafür muss nun weiß Gott nicht das Urheberrecht abgeschafft werden. Bezeichnend für die gesamte Urheberrechtsdebatte ist nicht nur die offensichtliche Unkenntnis vieler Diskutanten, sondern auch deren Rhetorik. Da werden Urheber als „Neandertaler“ bezeichnet. Muss ich mich als Urheberin dermaßen beleidigen lassen? Außerdem bleibt Schober die Erklärung schuldig, auf welches Recht sich denn die ominösen „Sharer“ beziehen. Uminterpretiertes Gewohnheitsrecht? Oder sieht man hier viel eher Fehlen von Unrechtsbewusstsein? Der gesamte Beitrag ist einfach nur peinlich. MELANIE LAHMER, Autorin, Siegen