Krieg in der Ukraine: Afrika versucht sich als Vermittler

Eine Gruppe afrikanischer Präsidenten hat die Ukraine und Russland besucht, um für ein Kriegsende zu werben. Konkrete Ergebnisse? Fehlanzeige.

Russlands Präsident Putin und Südafrikas Präsident Ramaphosa.

In Südafrika ist von einem „diplomatischen Desaster“ die Rede: Putin und Ramaphosa Foto: Ramil Sitdikov/ap

BERLIN taz | Vom Rang her war es die größte internationale Vermittlung seit Beginn des Ukrainekriegs: Die Präsidenten von Südafrika, Senegal, Sambia und den Komoren sowie Vertreter von Uganda, Ägypten und Kongo-Brazzaville trafen am Freitag zunächst den ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski in Kyjiw, am Samstag dann in St. Petersburg Kremlchef Wladimir Putin.

„Dieser Krieg muss enden“, forderte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa in St. Petersburg. „Er muss durch Verhandlungen und mit diplomatischen Mitteln beigelegt werden.“ Ähnlich hatte er sich am Vortag in Kyjiw geäußert. Der komorische Präsident Azali Assoumani, derzeit Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU), sagte in Richtung Putin: „Wir möchten Sie ermutigen, Verhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.“ Ramaphosa präsentierte zudem eine Liste von zehn Punkten, die erfüllt werden müssten, um Frieden zu schaffen. Darunter sind die Freilassung aller Kriegsgefangenen und verschleppten Kinder sowie der Respekt der Souveränität auf Grundlage der UN-Charta.

In Kyjiw, wo pünktlich zur Ankunft der afrikanischen Delegation die Sirenen heulten und russische Raketen von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wurden, hatte Ramaphosa beide Seiten zur „Deeskalation“ aufgefordert. Er sprach von einer „sehr robusten und sehr erfüllenden Diskussion“ mit Selenski und betonte, die afrikanische Mission sei gekommen, um „zuzuhören“.

Es blieb ihr auch wenig anderes übrig, denn sowohl Selenski als auch Putin unterbrachen die afrikanische Delegation bei der Vorstellung ihrer Friedenspläne. Der ukrainische Präsident forderte die Afrikaner auf, in Moskau für die Freilassung politischer Gefangener einzutreten. Der russische Präsident machte den Westen für den Konflikt verantwortlich.

Von konkreten Ergebnissen war nach Ende der Reise keine Rede. Ramaphosa erklärte, er sei „vom herzlichen Empfang ermutigt“ und werde am Montag „weiter nachdenken“. Von einem „diplomatischen Desaster“ spricht indes der südafrikanische Kommentator und Verteidigungsexperte Darren Olivier. In südafrikanischen Medien wurde kritisch vermerkt, dass die südafrikanische Präsidentschaft in Kyjiw behauptet hatte, ihre Delegation habe keine Raketenangriffe gehört – aber verschwieg, dass sie in einem Luftschutzbunker saß.

Putin sorgt für Irritation

Für Unstimmigkeiten sorgte, dass der Großteil der südafrikanischen Delegation im Flugzeug in Warschau festsaß, während Ramaphosa und die anderen Präsidenten weiterreisten – Kyjiw erreichten sie im Zug. 120 südafrikanische Begleitpersonen durften 26 Stunden lang das von Südafrikas Regierung gecharterte Flugzeug auf dem Flughafen der polnischen Hauptstadt nicht verlassen.

Unter ihnen waren 100 Angehörige der südafrikanischen Spezialkräfte, die zwölf Container Waffen mitgebracht hatten, ohne diese vorher anzumelden, berichteten am Sonntag südafrikanische Medien. Von offizieller Seite wurde schließlich behauptet, ein Weiterflug sei nicht möglich gewesen, weil Ungarn seinen Luftraum nicht freigegeben habe – ein geografischer Unsinn. Die Präsidenten reisten mit einer separaten Maschine.

Für Irritation sorgte am Ende ein Stunt Putins. Er präsentierte seinen Gästen vor den Kameras ein angebliches Friedensabkommen, das Ende März 2022 entstanden sei und das unter anderem eine Neutralität der Ukraine plus Sicherheitsgarantien enthalten habe. Die Ukraine habe dieses Dokument paraphiert und Russland daraufhin seine Truppen vor Kyjiw abgezogen, behauptete Putin. Doch dann habe die Ukraine ihre Unterschrift zurückgezogen.

Wahr daran ist nur, dass es im März 2022 mehrere russisch-ukrainische Gesprächsrunden gab, zuletzt am 29. März in der Türkei. Dort präsentierte die Ukraine einen 10-Punkte-Plan für Frieden, aber es gab keine Einigung. Russlands Truppen zogen sich bis zum 2. April aus dem Umland von Kyjiw zurück – aber nicht freiwillig, sondern nach Kämpfen. Als die Ukraine in von Russland geräumten Orten wie Butscha Hunderte Leichen entdeckte, wurde kein neuer Gesprächstermin festgesetzt. Am 7. April 2022 nannte Russlands Außenminister Sergei Lawrow die ukrainische Position „inakzeptabel“. Die Gespräche ruhen seitdem.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.