Trump sieht sich als Opfer der Justiz

Donald Trump musste nun auch wegen der Mitnahme von Geheimakten nach Ende seiner Präsidentschaft vor Gericht erscheinen

Aus Washington Hansjürgen Mai

Zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Monaten hat sich der frühere US-Präsident Donald Trump vor einem US-Gericht verantworten müssen. Trump, der wegen entwendeter Geheimakten in 37 Punkten angeklagt wurde, stellte sich am Dienstag in Miami im US-Bundesstaat Florida den Behörden. Nachdem er erkennungsdienstlich erfasst wurde, plädierte der Ex-Präsident in allen Punkten der 49-seitigen Anklageschrift auf „nicht schuldig“.

„Heute wurden wir Zeuge eines der bösartigsten und abscheulichsten Machtmissbräuche in der Geschichte unseres Landes. Ein korrupter Präsident ließ seinen größten politischen Rivalen anhand falscher und fabrizierter Anklagepunkte verhaften“, sagte Trump, der am Mittwoch seinen 77. Geburtstag feiert, über die Anklage während einer Wahlkampfrede am Dienstagabend in New Jersey.

Für Trumps Behauptung, dass US-Präsident Joe Biden hinter der Anklage gegen ihn stecke, gibt es keinerlei Beweise. Die Anklage ist das Resultat einer mehr als einjährigen Untersuchung und dem Befund einer Grand Jury, die ihre Entscheidung anhand von Ermittlungsresultaten getroffen hatte.

Dem ehemaligen Präsidenten wird vorgeworfen, Geheimakten aus seiner Zeit im Weißen Haus widerrechtlich in seinem Privatanwesen aufbewahrt zu haben und diese trotz mehrfacher Aufforderung nicht an das Nationalarchiv übergeben zu haben. Dutzende der in Mar-a-Lago gefundenen Dokumente waren mit den Worten „Secret“ und „Top Secret“ gekennzeichnet und sollen laut Anklageschrift geheime Informationen über das US-Atomwaffenarsenal sowie über die militärischen Aktivitäten und Fähigkeiten von anderen Nationen enthalten haben.

Die US-Justizbehörde beschuldigt Trump, gegen nationale Sicherheitsgesetze der USA verstoßen zu haben und Teil einer Verschwörung zur Strafvereitelung gewesen zu sein. Trumps Angestellter Walt Nauta, der als Mitverschwörer zur Strafvereitelung angeklagt wurde, plädierte weder schuldig noch unschuldig, da er aktuell keine lokale Rechtsvertretung besitzt.

Trumps Anwältin Alina Habba erklärte den wartenden Journalisten vor dem Gerichtsgebäude, dass die Anklage gegen Trump politisch motiviert sei. „Die Leute, die in diesem Land das Sagen haben, lieben Amerika nicht. Sie hassen Donald Trump“, sagte Habba.

Die Anwältin wiederholte auch die von Trump und Republikanern oft zitierten Geheimaktenfunde im Anwesen und Büro von Joe Biden und die E-Mail-Kontroverse der ehemaligen US-Außenministerin und Trump-Kontrahentin Hillary Clinton. Für Trump-Anhänger ist die Tatsache, dass beide bislang nicht angeklagt worden sind, ein Beweis für ein Rechtssystem, dass es einseitig auf Republikaner abgesehen habe.

Trotz der zunehmenden rechtlichen Probleme des Ex-Präsidenten versammelten sich Hunderte von Trump-Anhängern außerhalb des Gerichtsgebäudes in Miami, um bei mehr als 30 Grad für Trump zu demonstrieren. Viele der Demonstranten waren mit „Trump 2024“-Fahnen und obligatorischen roten MAGA („Make American Great Again“)-Kappen ausgestattet. Sie riefen „We want Trump“ und „U-S-A“.

Auch ein paar Gegendemonstranten fanden sich in der Menge. Ein Mann, der ein schwarz-weiß gestreiftes Gefängniskostüm trug und ein Plakat mit der Aufschrift „Lock him up“ (Sperrt ihn ein) bei sich hatte, näherte sich Trumps Autokolonne, als dieser das Gerichtsgebäude wieder verließ. Ein Polizist drängte den Demonstranten jedoch schnell zur Seite. Er wurde später festgenommen.

Nachdem Trump das Gerichtsgebäude wieder verlassen hatte, stoppte er noch im „Versailles“, dem wohl bekanntesten kubanischen Restaurant in Miamis „Little Havanna“-Nachbarschaft. Dort posierte er für Fotos und schüttelte Hände, bevor es in seinem Privatjet nach New Jersey ging.

Auch wenn viele Republikaner noch immer hinter Trump stehen: Einige seiner Konkurrenten um die republikanische Präsidentschaftskandidatur haben in den vergangenen Tagen den Ex-Präsidenten für sein Fehlverhalten attackiert, darunter die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley und der Ex-Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. „Wir müssen aufhören, unseren Gegnern die Schuld für die Schwächen unserer eigenen Kandidaten zu geben. Es ist Trump. Er ist ein dreifacher Verlierer. Verlierer, Verlierer, Verlierer“, schrieb Christie in einem Twitter-Post.