Ohne polizeiliche Auflagen

Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich von Beginn an gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine stellt

Von Peter Nowak

„Gaz Off“ lautete das Motto einer Aktion, mit der knapp eine Woche nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor der An­ti­mi­li­ta­ris­t*in­nen und Pa­zi­fis­t*in­nen vor der Berliner Gazprom-Filiale in Kreuzberg protestierten. Jetzt ist sie im kürzlich erschienenen Berliner Verfassungsschutzbericht aufgeführt. Dort heißt es dort unter der Rubrik Linksextremismus: „Vereinzelt kam es zu Protestaktionen vor und zu Sachbeschädigungen an russischen Einrichtungen bzw. Unternehmen. So wurde im Februar die Konzernzentrale von Gazprom wiederholt angegriffen.“

„Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich vom Beginn der russischen Invasion an gegen den verbrecherischen Angriffskrieg stellt“, äußert Jan Hansen gegenüber der taz sein Unverständnis über diese Auflistung. Er ist aktiv in der antimilitaristischen Aktion Berlin (amab), die die angemeldete Protestaktion vor der Filiale des russischen Konzerns organisiert hatte.

„Die Polizei war an diesem Tag superfreundlich und hat keinerlei Auflagen gemacht“, kann sich Hansen noch an die Aktion erinnert. „Wir durften sogar direkt vor dem Eingang von Gazprom unseren Protest zeigen und wurden nicht wie sonst so oft auf die andere Straßenseite geschickt.“

Auch aus der Nachbarschaft von Gazprom seien viele positive Reaktionen gekommen, erinnert sich der Antimilitarist. So habe man schon am Tag vor der Kundgebung bei An­woh­ne­r*in­nen geklingelt und sie gefragt, ob sie Poster gegen Gazprom aus ihren Fenstern hängen würden, und habe viel Unterstützung erfahren. Tatsächlich waren am Tag der Kundgebung zahlreiche Symbole mit dem Schriftzug Gaz.Off in den Fenstern der Umgebung zu sehen.

Auch viele linke Ak­ti­vis­t*in­nen seien froh gewesen, eigene Akzente im Kampf gegen den russischen Krieg in der Ukraine setzen zu können. „Mir war es wichtig, meinen Protest auszudrücken, ohne einfach nach mehr Aufrüstung und Waffen zu rufen“, erinnert sich eine Teilnehmerin der Aktion. Sie wollte mit der Aktion Gaz Off auch die Themen Klimaschutz und Kampf gegen den Krieg verbinden. Umso unverständlicher finden es die Antimilitarist*innen, dass diese absolut gewaltfreie Aktion Eingang in den Verfassungsschutzbericht fand.

Heute sind in der ehemaligen Gazprom-Dependance in der Markgrafenstraße alle Firmeninsignien verschwunden. Das Inventar steht aber noch in den Räumen.