„Pankow gegen Verdrängung“ macht vor der Sommerpause mobil

Erst wurden sie öffentlich gefördert, jetzt fällt die Sozialbindung weg: Gegen geplante Mieterhöhungen für Pankower Wohnungen wird heute demonstriert. KaufinteressentInnen werden derweil „unfreundlich empfangen“

Von Peter Nowak

Auf der letzten Sitzung der BVV Pankow vor der Sommerpause wird es noch einmal turbulent zugehen. Unter dem Motto „Pankow gegen Verdrängung“ rufen Mie­te­r*in­nen­in­itia­ti­ven am Mittwoch um 17 Uhr zu einer Protestkundgebung vor der Prenzlauer Allee 77, wo die Bezirksverordnetenversammlung tagt. Sie haben ein dringliches Anliegen: „Rund 3.600 Wohnungen in Pankow fallen aus der Sozialbindung. Jetzt drohen Mieterhöhungen, die viele der Be­woh­ne­r*in­nen nicht tragen können“, beschreibt Kerstin Schröder vom Bündnis „Pankow gegen Verdrängung“ die Angst vieler Menschen.

Die Wohnungen waren nach der Wende mit öffentlichen Fördermitteln saniert worden. Im Gegenzug wurden sie per Wohnberechtigungsschein (WBS) an Menschen ohne hohes Einkommen vergeben. Doch diese Mietbegrenzungen sind zeitlich befristet, auf 20 bis 30 Jahre. Für die Eigentümer ist es ein gutes Geschäft: Durch die öffentliche Förderung stieg der Wert ihrer Wohnungen und Häuser. Nach Auslaufen der Begrenzung drohen daher Mieterhöhungen.

Dagegen wehren sich seit Wochen Mie­te­r*in­nen in den betroffenen Häusern. Sie werden unterstützt von der Mieter*innengewerkschaft, der Berliner Mie­te­r*in­nen­ge­mein­schaft und Stadtteilinitiativen. Sie fordern von der Politik, die drohende Verdrängung zu verhindern. Dazu haben die Pankower Mietre­bel­l*in­nen realpolitische Vorschläge entwickelt, die sie auf der Kundgebung vortragen werden. „Wir brauchen einen Krisengipfel auf Landesebene und einen sofortigen Härtefallfonds für Bewohner*innen, die sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten können“, sagte Kerstin Schröder gegenüber der taz.

Zudem fordert das Bündnis Ver­mie­te­r*in­nen auf, mit dem Bezirk Belegungsverträge abzuschließen und auf Mieterhöhungen zu verzichten. Den Mietre­bel­l*in­nen ist allerdings auch klar, dass öffentlicher Druck notwendig ist, damit die Eigentümer auf Profite verzichten. „Notfalls müssen die Wohnungen und Häuser kommunalisiert werden, damit das Grundrecht auf Wohnen durchgesetzt werden kann“, verweist Schröder auf Handlungsmöglichkeiten, die in der Mie­te­r*in­nen­be­we­gung längst kein Tabu mehr sind. Ob diese Forderungen auch durchsetzbar sind, ist für Schröder vor allem eine Frage des Drucks. „Alles ist möglich, wenn wir uns wehren und Mieterhöhungen nicht einfach als Naturgesetz hinnehmen“, gibt sie sich optimistisch.

In den letzten Wochen haben sich Be­woh­ne­r*in­nen der vom Auslaufen der Sozialbindung betroffenen Wohnungen mit Unterstützung der Mietergewerkschaft vor ihren Häusern getroffen und Gegenstrategien entwickelt. Dazu gehört auch die unfreundliche Begrüßung potenzieller Käu­fe­r*in­nen von Wohnungen in den Häusern. Ihnen wird so deutlich gemacht, dass in den Wohnungen Mie­te­r*in­nen leben, die sich gegen ihre Verdrängung auch in Zukunft wehren wollen. „Die Kundgebung vor der BVV am Mittwoch ist unsere letzte Protestaktion vor der Sommerpause. Aber für die Zeit danach sind schon weitere Dinge in Planung“, betont Schröder.