Mögliches Verbot der Partei: Es würde die AfD nur stärken

Ein Verbotsverfahren gegen die AfD wäre unklug. Sie könnte sich jahrelang als Opfer inszenieren.

Ein Blick auf Fahnen am Veranstaltungsort des Bundesparteitags der AFD in Magdeburg

10 Jahre AfD reichen, aber die Partei zu verbieten wäre unklug. Fahnen bei Parteitag in Magdeburg Foto: Annegret Hilse/reuters

Die AfD hat den Rechtsextremisten Maximilian Krah zum Spitzenkandidaten für die Europawahl gekürt. Das ist eine Wegmarke auf dem Weg der Partei in den Rechtsradikalismus. Denn Krah ist mehr als ein wütender Rechtskonservativer, der sich nach einer Republik ohne Moscheen, Genderbeauftragte und Windräder sehnt. Er ist ein schneidiger Antidemokrat. Zu seinen Feindbildern zählt, neben MigrantInnen, der „Machtanspruch“ des westlichen Universalismus. Die Verachtung der universellen Menschenrechte ist seit jeher Kennzeichen rechtsradikaler Politik, die alles der völkisch definierten Nation unterordnet.

Glaubt man dem gemäßigten AfD-Abgeordneten Norbert Kleinwächter, dann zielen Krahs Ideen letztlich auf einen „brutalen Führer- und Gewaltstaat“. Das aggressive Antidemokratische ist in diesem Ausmaß für die AfD neu. Muss man also versuchen, diese Partei zu verbieten? Zweimal Nein. Es wäre zunächst einmal wenig nützlich. Ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht dauert Monate, eher Jahre.

Das würde der AfD die Chance eröffnen, sich 2024 bei den Landtagswahlen und 2025 bei der Bundestagswahl in ihrer Lieblingsrolle zu präsentieren: als einsame Künder der Wahrheit und als von Unterdrückung bedrohtes Superopfer. Die Opferrolle, das aggressiv aufgeladene Gefühl, zu kurz zu kommen, ist ein Rohstoff rechtsextremer Politik. Mit einem Verbotsverfahren würde man das Munitionsdepot der AfD-Propaganda auffüllen. Zudem hat die Beobachtung durch den Verfassungsschutz die Partei bislang nicht geschwächt. Auf Parteitagen brüstet man sich sogar mit der Rebellenrolle.

Zweitens: Ein Parteienverbot ist in einem liberalen Rechtsstaat eigentlich ein Fremdkörper, der eher in den Instrumentenkasten autoritärer Regime gehört. Die Wahl ist die Herzkammer der parlamentarischen Demokratie. Ein Ausschluss von der Wahl ist ein Mittel, das, wenn überhaupt, nur im äußersten Notfall angewandt werden darf. Für ein Parteienverbot gibt es daher zu Recht sehr hohe Hürden: Eine Partei muss demnach „kämpferisch“ und „wirksam“ die freiheitliche Demokratie zerstören wollen.

Keine geschlossen rechtsextreme Partei

Auf Parteitagen verfassungsfeindliche Ideen zu vertreten, reicht nicht aus. Die AfD ist aber, anders als es die NPD war, keine geschlossen rechtsextreme Partei, auch wenn sie auf dem Weg dorthin zu sein scheint. Kurzum: Ein Verbotsverfahren wäre doppelt falsch. Es würde wahrscheinlich, zum Jubel der Rechtsextremen, scheitern. Wäre es erfolgreich, hätte die hiesige Demokratie einen Makel.

Es ist vielleicht eine Besonderheit der bundesdeutschen Konsensdemokratie, politisch komplizierte Fragen gern rechtlich lösen zu lassen. Die Antwort auf die AfD muss aber politisch sein.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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