Traditionelle Chinesische Medizin am UKE: Nadeln gegen „Frozen Shoulder“

Das 2010 gegründete Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf vereint Forschung, Behandlung und Lehre.

Der medizinische Geschäftsführer des Zentrums für traditionelle chinesische Medizin Sven Schröder.

Seit 2010 dabei: Sven Schröder, Leiter des Zentrums für traditionelle chinesische Medizin am UKE Foto: Fabian Bimmer/dpa

HAMBURG taz | Die Behandlungsräume im Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) tragen Namen wie „Raum des Berges“ oder „Lotusraum“. Neben Massagenliegen lagern in einigen Zimmern kleine, dünne Nadeln, die für die Akupunktur bei Pa­ti­en­t*in­nen verwendet werden. Indem die Nadeln an bestimmten Stellen in die Haut gesteckt werden, sollen Durchblutung und Nervensystem angeregt und Schmerz gelindert werden.

Das Verfahren ist aber nur ein Teil der über 2000 Jahre alten Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Eine weitere Säule bilden chinesische Arzneimittel. Sie werden aus über 3.000 Pflanzenstoffen individuell gemischt. So soll die Wurzel Ginseng anregend auf das Immunsystem wirken. Mit der Tuiná, einer chinesischen Heilmassagetechnik, sollen wiederum Energiestörungen im Körper gelöst werden.

„In der TCM betrachtet man das ganze System des Körpers und versucht so, an einer Stelle am Körper anzuregen, um an einer anderen Stelle auszugleichen,“ erklärt Neurologe Sven Schröder, Geschäftsführer des Zentrums. Dazu zähle auch die Ernährung. Rohkost etwa gilt in der TCM nicht als gesund: „In der östlichen Medizin wird geraten, besser warm zu essen und Lebensmittel zu dünsten,“ sagt Schröder.

Das Zentrum am UKE wurde 2010 eröffnet – als erstes TCM-Zentrum bundesweit, in dem Forschung, Behandlung und Lehre vereint sind. Es besteht aus der selbstständigen Behandlungspraxis und einer gemeinnützigen Forschungs-GmbH. Der private Krankenversicherer HanseMerkur trägt die Einrichtung zu 52 Prozent, „um seinen Kun­d*in­nen zu optimalen TCM-Leistungen einen Zugang zu ermöglichen“, heißt es auf Anfrage. Weiterer Gesellschafter ist das UKE mit 48 Prozent der Anteile.

Akupunktur soll für breite Bevölkerungsschichten zugänglich und erschwinglich werden

Mit dem Universitätsklinikum kooperiert das TCM intensiv. „Und das, obwohl wir in Deutschland sozusagen mit einem „Kolibri-Thema“ in der Medizin unterwegs sind“, sagt Arzt Sven Schröder. Denn TCM sei in westlichen Forscher*innen-Kreisen immer noch selten vertreten.

Dass sich das gerade wandelt, zeigt der TCM-Master-Studiengang des Zentrums: Seit 2018 können Ärz­t*in­nen einen „Master of Chinese Medicine“ in Hamburg und Shanghai machen – dafür kooperieren das UKE und die Shanghai TCM Universität. Die Studierenden lernen neben Grundlagen der Akupunktur auch, wie TCM in der Geburtshilfe, bei Atemwegserkrankungen und Allergien wirkt.

Nur wenige Schritte von der Praxis entfernt liegt das TCM-Forschungszentrum, mitten auf dem UKE-Gelände. Hier wird unter anderem untersucht, wie sich chinesische Arzneipflanzen und Akupunktur auf Nervensystem, Wundheilung und chronische Erkrankungen wie zum Beispiel Parkinson oder Diabetes auswirken.

So konnten die Forscher*in­nen in einer Untersuchung gemeinsam mit der Unfallchirurgie des UKE nachweisen, dass Akupunktur bei einer schmerzhaften Schultersteife, der „Frozen Shoulder“, die Schmerzen lindern kann. Weitere Studien zeigten, dass die chinesische Nadel-Behandlung bei einer bestimmten Nervenschädigung an den Füßen, die häufig durch eine Chemotherapie oder Diabetes ausgelöst wird, helfen kann. „Aktuell untersuchen wir, ob und wie Akupunktur einen Effekt auf den „Tennis-Arm“ hat“, erzählt Neurologe Schröder.

Die Forschung ist ihm zufolge besonders wichtig, um Akzeptanz und Bekanntheit von TCM und des Zentrums zu steigern. Zudem ist die Behandlung mit TCM aktuell sehr teuer, oft müssen Pa­ti­en­t*in­nen die Kosten selber tragen. Das sei gerade bei chronischen Krankheiten viel Geld, sagt Schröder. Mit der Forschung wolle das Zentrum es schaffen, dass TCM keine Elite-Medizin bleibe und für die breite Bevölkerung zugänglicher werde.

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