Medaillenflut bei Schwimm-WM: „Der Staff gibt Feuer“

Die deutschen Langstreckenschwimmer sind so erfolgreich wie noch nie. Bei der WM in Fukuoka überzeugen vor allem Leonie Beck und Florian Wellbrock.

28 Grad Wassertemperatur - die Frisur sitzt: Leonie Beck im Meer vor Fukuoka.

28 Grad Wassertemperatur – die Frisur sitzt: Leonie Beck im Meer vor Fukuoka Foto: Issei Kato/reuters

FUKUOKA taz/ dpa | Die Freischwimmer aus der Bundesrepublik sind laut Kennzeichnung des Verbandes seit 1995 im „Freiwasser“ unterwegs – als Freiwasserschwimmer. Und sie, die vorher Langstreckenschwimmer waren, sind so frei, die Strecken ab fünf Kilometer Länge in der Welt zu dominieren. Erfolgreiche Deutsche, die im Salzwasser durch Wellen pflügen, hat es ja immer schon gegeben: Peggy Büchse, Angela Maurer, Britta Kamrau und Thomas Lurz. Heute sind es Florian Wellbrock aus Magdeburg und Leonie Beck aus Würzburg, die Goldmedaillen sonder Zahl gewinnen.

Beck bezeichnet Lurz auf ihrer persönlichen Internetseite als wichtigen Mentor; es ist wichtig zu erwähnen, dass sie Thomas Lurz meint und nicht dessen Bruder Stefan, der im Vorjahr als ehemaliger Trainer in Würzburg einen Strafbefehl wegen sexueller Belästigung Schutzbefohlener erhielt. Beck schreibt also: „In jungen Jahren motiviert und inspiriert durch den mehrfachen Weltmeister Thomas Lurz, wollte ich selbst so erfolgreich im Schwimmsport werden.“ Das hat sie nun bei der Weltmeisterschaft im japanischen Fukuoka geschafft. Wellbrock, der Champion über zehn und fünf Kilometer und die ebenfalls zweifache Goldmedaillengewinnerin Beck machten die Freiwasser-Wettkämpfe in Fukuoka am Dienstag endgültig zu deutschen Schwimmfestspielen. Vier Weltmeistertitel für dieselbe Nation auf diesen beiden Distanzen: Das gab es zuvor noch nie.

„Läuft“, stellte Wellbrock nach seinem erfolgreich verteidigten Titel über fünf Kilometer knapp fest und lachte: „Die Athleten supporten sich untereinander. Der Staff ist immer da und bereit und gibt Feuer. Das ist der Schlüssel dieses Jahr für den enormen Erfolg.“ In der Interview-Zone fielen sich der 25-Jährige und Beck in die Arme. „Hast du gut gemacht“, lobte Wellbrock.

Kurz darauf erklang im Momochi Seaside Park zweimal innerhalb von acht Minuten die deutsche Nationalhymne. Wellbrock und Beck posierten für gemeinsame Fotos. Beide hatten sich mit ihren Siegen über zehn Kilometer am Wochenende bereits für die Olympischen Spiele 2024 in Paris qualifiziert. Das Hauptziel war erreicht. „Unglaublich! Ich hätte niemals gedacht, dass ich jetzt noch Gold gewinnen kann“, sagte Beck. „Wow!“

„Bin begeistert“

Auch Langstrecken-Bundestrainer Bernd Berkhahn, der Wellbrock in Magdeburg trainiert, war begeistert. „Dass wir hier so überlegen sind: Fantastisch! Ich bin begeistert“, sagte der 52-Jährige. „Die Überlegenheit ist schon frappierend.“ Und weiter: „Ich hätte nicht gedacht, dass es jetzt noch möglich ist, Vierfach-Gold zu holen bei der Leistungsdichte, die es gibt international und bei der Wissenschaft, die wir verwenden.“

Wellbrock setzte sich in seinem Rennen wie schon bei seinem Olympiasieg in Tokio 2021 früh an die Spitze und schwamm von vorne. Der gebürtige Bremer ließ sich von der brennenden Sonne und 28,2 Grad Wassertemperatur nicht aus dem Konzept bringen. Zu keinem Zeitpunkt zeigte er eine Schwäche. „Ich lasse mich von den harten Bedingungen nicht abschrecken. Ich weiß, dass ich das sehr gut kann“, sagte Wellbrock mit dem Selbstbewusstsein eines Champions.

Sein Vorsprung auf den zweitplatzierten Gregorio Paltrinieri aus Italien betrug im Ziel 4,5 Sekunden. 53:58,0 Minuten brauchte Wellbrock für die Fünf-Kilometer-Strecke. Wellbrock ist nach Freiwasserikone Thomas Lurz erst der zweite Schwimmer, dem das Double mit zwei Goldmedaillen über fünf und zehn Kilometer bei derselben WM gelang. Insgesamt feierte Wellbrock das sechste WM-Gold der Karriere. Der zweite deutsche Starter, Oliver Klemet, der am Sonntag Bronze gewonnen und sich ebenfalls das Olympia-Ticket gesichert hatte, schwamm auf Rang vier.

Anders als Wellbrock hatte sich Beck in ihrem Rennen zu Beginn zurückgehalten. Die 26-Jährige überzeugte in einem langen Schlussspurt. In 59:31,7 Minuten gewann sie vor Sharon van Rouwendaal aus den Niederlanden und der Brasilianerin Ana Marcela Cunha. Zum Abschluss der Freiwasser-Titelkämpfe in Japan freut sich Beck nun auf das Staffelrennen am Donnerstag (1 Uhr MESZ). Dort kann sie mit dem Mixed-Team erneut Historisches schaffen: Als erste Nation kann Deutschland bei einer WM alle Freiwassertitel gewinnen.

Ob Wellbrock dann dabei ist, ließ er zunächst offen. Im Becken hat er in der zweiten WM-Woche noch viel vor, er könnte daher auf Regeneration setzen. Vor allem über 1.500 Meter Freistil will er den Titel gewinnen. Andererseits sagt er aber auch: „Ich habe jetzt gezeigt, dass ich wirklich sehr fit bin.“ Bei einem Team-Meeting soll die Entscheidung fallen.

Tritt Wellbrock auch mit der Staffel an, könnte er seine WM-Ausbeute aus dem vergangenen Jahr sogar noch steigern. Damals hatte er in fünf Wettkämpfen fünf Medaillen gewonnen. In Budapest sicherte er sich zwei Goldmedaillen, eine Silber- und zwei Bronzeplaketten.

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