Vortrag statt Theater

Mit „Finnisch oder Ich möchte dich vielleicht berühren“ gastierte das Schauspielhaus Zürich im Thalia

Ein kurzes Stück hat das Schauspielhaus Zürich aus Martin Hackmanns‘ „Finnisch oder Ich möchte dich vielleicht berühren“ gemacht. Gerade einmal 40 Minuten dauert der Monolog des kontaktgestörten jungen Mannes (David Unseld), zu kurz, um sich als Zuschauer einzurichten im Thema Kommunikationsunfähigkeit. Als Gastspiel präsentierten die Züricher unter der Regie von Luise Helle das Erstlingswerk des preisgekrönten Nachwuchsautors Heckmanns am vergangenen Freitag im Rahmen der Autoren Theater Tage Hamburg, im Konferenzraum des Thalia in der Gaußstraße.

Der Protagonist, gewagt gekleidet in gestreiftem Hemd und kariertem Pullunder, hat sich selbst ein Paket geschickt. Der Grund: Er will die „Postbotinnenschönheit“ wiedersehen. Während er auf sie wartet, denkt er sich Möglichkeiten aus, um mit ihr ins Gespräch zu kommen, am besten noch mehr, Hautkontakt vielleicht. Doch schon nagen Zweifel am Jüngling: „Fragt man sich doch, wofür das gut sein soll – Hautkontakt. Bringt einen nicht weiter im Beruf.“

Paradoxerweise spricht der Kontaktunfähige während seiner lauten Denkvorgänge stets sein Publikum an, schaut den Menschen, die ganz kommunikativ im Kreis um die Spielfläche herumsitzen, fest in die Augen. Der Schauspieler verschmilzt nicht mit seiner Rolle, er trägt den Text eher vor als dass er in ihm aufgeht. David Unseld schreitet den kleinen Raum ab, sein Wohnzimmer, dessen Fläche außer den Zuschauerreihen auch Stehlampen aus dem vergangenen Jahrhundert als Eckpfeiler begrenzen. Er sinkt an einem Holzbalken des atmosphärisch warmen Dachgeschossraumes hinab auf den Parkettfußboden, rhythmisiert die Sinneinheiten seines Monologs mit schweren Seufzern, langen Atmern, Schweigen. „Der ganze Schwung ist weg“, zitiert er seinen Text, und könnte dabei genauso gut die Inszenierung selbst meinen.

Die Regisseurin Luise Helle lässt die durchaus angelegte Komik im Stück nicht ausspielen, beispielsweise als der Protagonist über seinen Vornamen sinniert, der einen austauschbar mache, weil viele ihn trügen, aber gleichzeitig identitätsstiftend sei. Die Szenen brechen ab, bevor sie begonnen haben. Wohlmeinend interpretiert könnte diese Art des Nicht-in-Szene-Setzen eine Metapher für den stets abbrechenden Kontakt sein. Das ist aber wirklich um die Ecke gedacht, oder anders gesagt, die Inszenierung wird ihrem Stoff nicht gerecht. KATRIN JÄGER