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Vorwahlkampf, Wahlkampf, Gefängnis?

Im Mai 2024 beginnt der Prozess wegen der bei Donald Trump gefundenen Geheimdokumente

Von Bernd Pickert

Wenn der Prozess gegen Donald Trump wegen des mutmaßlich illegalen Aufbewahrens von Geheimdokumenten in seinem Anwesen in Florida beginnt, ist der Expräsident der USA womöglich schon wieder designierter Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Denn die zuständige Bundesrichterin Aileen Cannon setzte den Verfahrensbeginn am vergangenen Freitag auf den 20. Mai 2024 fest – nur zwei Monate vor dem republikanischen Nominierungsparteitag in Milwaukee, und da sind die allermeisten der republikanischen Vorwahlen um die Präsidentschaftskandidatur bereits gelaufen, der Sieger dürfte feststehen. Trumps Anwälte hatten verlangt, den Prozess erst nach den Wahlen im November 2024 beginnen zu lassen, die Staatsanwaltschaft wollte das Verfahren schon in diesem Dezember. Die Entscheidung der Richterin ist ein Kompromiss.

Einige Zeit vor dem Prozessbeginn in Florida soll in New York das Verfahren gegen Trump beginnen, bei dem der Expräsident wegen der steuerlichen Vertuschung von Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels angeklagt ist. Noch ausstehend sind Klagen in Georgia wegen Trumps Versuch, die dortigen Behörden unter Druck zu setzen, damit sie seine Wahlniederlage 2020 in einen Sieg umdeuten. Und wohl noch dieser Tage soll auch die Entscheidung einer Grand Jury darüber fallen, ob Trump wegen der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols in Washington am 6. Januar 2021 strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist – eine Anklage, die der demokratisch dominierte Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses nach der Anhörung unzähliger Zeugen ausdrücklich empfohlen hat.

Potenziell also könnten bis zu vier Strafverfahren gleichzeitig gegen Trump laufen, während der sich darum bemüht, erneut für die Republikanische Partei als Kandidat nominiert zu werden oder gar schon im echten Wahlkampf mit seinem demokratischen Konkurrenten ist, aller Voraussicht nach Amtsinhaber Joe Biden. Derzeit führt Trump in allen Umfragen unter Republikanern deutlich vor dem zweitplatzierten Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. In Umfragen zur Präsidentschaftswahl liegt Biden aktuell mit 44,1 Prozent nur einen halben Prozentpunkt vor Trump.

Ob Trump-Anhänger*innen zu Ron DeSantis wechseln, sollte Trump verurteilt werden, ist unklar. Nicht unwahrscheinlich ist, dass sie Trumps Erzählung von einer politisch motivierten Hexenjagd bis zum Ende mitgehen.