Pakistans Ex-Premier Khan wieder in Haft

Bisher ist kaum jemand dem Aufruf des Populisten zu neuerlichen Massenprotesten gefolgt

Von Sven Hansen

In Pakistan ist der frühere Premierminister Imran Khan am Samstag von einem Gericht wegen Korruption zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Direkt danach wurde er in seinem Haus in der östlichen Metropole Lahore verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis bei der Hauptstadt Islamabad gebracht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 70-Jährige Staatsgeschenke, die er als Premier in seiner Regierungszeit 2018 bis 2022 empfangen hatte, für sich behalten hatte. Der Populist Khan beteuert seine Unschuld und stellt sich als politisch verfolgt dar.

Direkt nach seiner Verhaftung veröffentlichten Khans Anhänger eine Videobotschaft, in der der frühere Kricketstar erklärte: „Wenn ihr diese Botschaft erhaltet, wurde ich festgenommen sein und im Gefängnis sitzen. Ich habe einen Wunsch an euch: Bleibt nicht zu Hause sitzen, ich möchte, dass ihr weiter friedlich demonstriert. Denn diese Bewegung ist nicht für mich, sie ist für euch und die Zukunft eurer Kinder. Steht ihr nicht für eure Rechte auf, werdet ihr wie Sklaven leben.“

Khan war schon im Mai für einige Tage verhaftet worden. Damals kam es zu gewaltsamen Protesten seiner Anhänger, von denen hunderte festgenommen wurden. Sie griffen sogar Militärgebäude an. Dann ordnete das Oberste Gericht Khans Freilassung an. Jetzt blieb es am Wochenende jedoch weitgehend ruhig. In der Zwischenzeit hatten Militär und Regierung aber auch starken Druck auf Khans Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI – Gerechtigkeitspartei) ausgeübt. Viele prominente Mitglieder zogen sich aus der PTI zurück.

Durch ein Misstrauensvotum war Khan im April 2022 im Parlament gestürzt worden. Die beiden sonst rivalisierenden großen, von den Familienclans der Sharifs und Bhuttos geführten Parteien Muslimliga (PML) und Volkspartei (PPP) hatten sich gegen Khan verbündet und die gewachsene Enttäuschung über seine Regierung genutzt. Wichtiger war, dass sie dafür die Rückendeckung des Militärs hatten. Dabei hatten die Generäle, gegen die in Pakistan kein Politiker regieren kann, ursprünglich Khan unterstützt. Doch mischte er sich aus Sicht des Militärs zu sehr in dessen Personalpolitik ein und störte mit seinen antiamerikanischen Tiraden das wichtige Verhältnis zu Washington.

Seit Khan beim Militär in Ungnade fiel und nach seinem Sturz diesen als US-Verschwörung darstellte, ohne dafür Beweise vorzulegen, torpedieren Generäle und die alte Elite seine Rückkehr an die Macht. Khan drängte bisher auf Neuwahlen. Doch die Haftstrafe verbietet ihm jetzt die Kandidatur für die im Herbst geplanten Wahlen. 150 Verfahren sind noch ­gegen ihn anhängig.