Kampf der Opposition in Indien: Rahul Gandhi kehrt zurück

Indiens Oppositionsführer Rahul Gandhi bekommt durch ein Gerichtsurteil sein Parlamentsmandat vorerst zurück – kurz vor einem Misstrauensvotum.

Rahul Gandhi von der oppositionellen Kongress-Partei darf wieder zurück ins Parlament Foto: reuters

DELHI taz | Noch am Wochenende drohte Rahul Gandhi eine längere politische Auszeit. Denn Indiens Oppositionsführer aus der Kongresspartei war Ende März wegen angeblicher Verleumdung das Parlamentsmandat entzogen worden. Privilegien wie seine Dienstwohnung hatte der 53-Jährige längst aufgeben müssen. Mitglieder der regierenden hindunationalistischen Volkspartei BJP feierten das als Erfolg, bis das oberste Gericht Anfang August die Haftstrafe gegen Gandhi aussetzte.

Dies ebnete den Weg für Gandhis Wiedereinzug ins Unterhaus am Montag. Vor dem Parlament ertönten Jubelrufe. Aber auch im Inneren des Prachtbaus herrschte Feierlaune: „Die BJP und die Modi-Regierung sollten die verbleibende Amtszeit nutzen, um sich auf die tatsächliche Regierungsführung zu konzentrieren, statt die Demokratie zu verunglimpfen, indem sie Oppositionsführer ins Visier nehmen“, wetterte Kongresschef Mallikarjun Kharge.

Laut Oberstem Gerichtshof hatte die Vorinstanz nicht ausreichend dargelegt, warum gegen Gandhi die Höchststrafe von zwei Jahren verhängt wurde, die ihm auch noch eine Kandidatur bei den Parlamentswahlen 2024 verboten hätte.

Große Teile der Opposition bezeichneten das Urteil damals als Tiefpunkt der indischen Demokratie. Gandhi erklärte, seine Verurteilung sei offensichtlich absurd.

Er hatte sich wegen einer abfälligen Bemerkung über den Nachnamen „Modi“ vor vier Jahren viel Ärger eingehandelt. Er hatte auf einer Wahlveranstaltung gefragt, wie es sein könne, dass alle Diebe Modi als gemeinsamen Nachnamen hätten. Das war ein Seitenhieb auf die flüchtigen Geschäftsmänner und Betrüger Nirav und Lalit Modi, zielte aber auf Premierminister Narendra Modi.

„Die Stimme der wahren Probleme der Menschen im Land wird wieder im Parlament erklingen“, versprach Gandhis Schwester Priyanka Vadra. Rahul Gandhi zählt derzeit zu den schärfsten Kritikern von Regierungschef Modi.

Sollte nicht doch noch ein rechtskräftiges Urteil gegen Gandhi ergehen, darf er zu den Parlamentswahlen im nächsten Jahr antreten. Das kommt der indischen Opposition entgegen, die sich gerade zu dem neuen Bündnis „India“ zusammengeschlossen hat.

Mehr als zwei Dutzend Parteien wollen 2024 gemeinsam Modi und seine BJP herausfordern. Ziel sei es, „die Idee Indiens, wie sie in der Verfassung verankert ist, zu verteidigen“. Doch das wird nicht leicht, auch wenn die Kongresspartei nach langer Durststrecke zuletzt wieder Aufwind hatte.

Im südlichen Karnataka stellt sie nun die Regierung – ein wichtiger Teilerfolg. Auch bei anstehenden Regionalwahlen in Zentralindien könnte die Kongresspartei einen Sieg erzielen.

Erst zu Beginn des Jahres konnte Gandhi sich mit seinem über 4.000 Kilometer langen Fußmarsch von Süd nach Nord politisch rehabilitieren. Seit seinem „Marsch der Einheit“ ist sein Name für viele erstmals seit Jahren wieder mit Respekt verbunden. Er plant bereits eine Fortsetzung vom Westen Indiens bis in den Osten.

Be­ob­ach­te­r:in­nen unken, dass eine Verhaftung Gandhis seine Popularität nur gesteigert hätte, wie es im Bundesstaat Maharashtra bei dem Lokalpolitiker Sanjay Raut von der Hindupartei Shiv Sena der Fall war. Er wurde nach kurzer Haft als Held gefeiert.

Gandhi hat sich jedenfalls für den Wahlkampf schon warmgelaufen. Nun muss das Oppositionsbündnis nur zusammenhalten. Gandhis Wiedereinzug ins Parlament dürfte die Opposition bei ihrem Misstrauensantrag in dieser Woche stärken. Sie wirf Modi Untätigkeit vor angesichts der ethnischen Gewalt, die seit Mai den Unionsstaat Manipur erschüttert.

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