Angriff auf Minderheit in Pakistan: Christen fürchten um ihr Leben

Eine angebliche Entweihung des Koran in Pakistan führt zu Ausschreitungen gegen Christen. Die Polizei erstattet Anzeige gegen christliche Anwohner.

Menschen weinen vor einem zerstörten Haus.

Angegriffene Chris­t:in­nen vor ihrem zerstörten Haus in Jaranwala, Pakistan Foto: K.M. Chaudary/ap

MUMBAI taz | Zwei Christen sind in Pakistan wegen Gotteslästerung angeklagt worden. Sie fürchten um ihr Leben. Ihre Gemeinde im Osten des Landes suchte am Mittwoch ein Mob heim. Die aufgebrachte Menge brannte mehrere Kirchen und Wohnhäuser in der Millionenstadt Faisalabad nieder. Auch ein christlicher Friedhof wurde verwüstet.

Wie lokale Medien auf Urdu berichteten, hatten Moscheeprediger zwei junge Männer beschuldigt, die heilige Schrift des Islam entweiht zu haben. Daraufhin kam es zu Ausschreitungen, die durch soziale Medien angeheizt wurden. Videos im Netz zeigen, wie Männer Gebäude zerstören und Kreuze von Kirchen reißen. Der bewaffnete Mob forderte die Übergabe der Beschuldigten, die nicht auffindbar waren. Be­woh­ne­r:in­nen flohen aus dem Viertel.

„Wir rufen nach Gerechtigkeit und Maßnahmen seitens der Strafverfolgungsbehörden“, sagte Bischof Azad Marshall. „Bibeln wurden geschändet, Chris­t:in­nen gefoltert und schikaniert, da sie fälschlicherweise beschuldigt wurden“, so das Oberhaupt der evangelischen „Kirche von Pakistan“. Das Leben von Chris­t:in­nen sei „wertvoll“. In Zusammenhang mit den Ausschreitungen wurden 100 Personen festgenommen. Paramilitärs wurden eingesetzt.

Politiker verurteilen die Gewalt gegen Christen

Po­li­ti­ke­r:in­nen von allen Seiten des politischen Spektrums Pakistans äußerten sich betroffen über die Gewalttaten. Selbst Vertreter der islamistischen Jamaat-e-Islami verurteilten die Übergriffe. Auch das US-Außenministerium verurteilte die Tat und forderte Aufklärung: Die USA unterstützten die freie Meinungsäußerung, aber „Gewalt oder die Androhung von Gewalt ist niemals eine akzeptable Form der Meinungsäußerung“, hieß es.

Akmal Bhatti, Vorsitzender der Minorities Alliance Pakistan, sagte, der Mob habe die Blasphemiegesetze benutzt, um das Niederbrennen von Privathäusern Unschuldiger zu rechtfertigen. Die lokalen Behörden hätten es versäumt, Leben und Eigentum der christlichen Be­woh­ne­r:in­nen zu schützen.

Angriffe auf die christliche Minderheit sind in Pakistan keine Seltenheit. Chris­t:in­nen stellen weniger als zwei Prozent der Bevölkerung und leben meist in prekären Verhältnissen. Immer wieder kommt es zu Übergriffen, die meist nur wenig mediale Aufmerksamkeit erhalten. Nach Angaben der NGO Centre for Social Justice (CSJ) wurden in der islamischen Republik seit 1987 mehr als 2.000 Menschen der Gotteslästerung beschuldigt und mindestens 88 Personen aufgrund dieser Anschuldigungen getötet. Von staatlicher Seite wurde bisher kein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt.

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