Frauenfußball vor dem Durchbruch: Glänzender Gipfel

Die WM war ein Turnier der Superlative und vielleicht der Startschuss für die große Kommerzialisierung. Doch die Basis ist noch sehr dünn.

Fans vor dem Stadium, vor dem eine Feuerwerk abgebrannt wird

Elektrisierendes Event: Keine WM war größer als die in Australien und Neuseeland Foto: Zuma Wire/imago

Die Superlative stehen. Für Super-Gianni Infantino, den Präsidenten des internationalen Fußballverbands sowieso. Für ihn war die WM in Australien und Neuseeland gewiss das beste Frauenturnier aller Zeiten. Dass es das größte werden würde, das stand schon fest, bevor der erste Ball gespielt worden ist. 32 Teams waren in Australien und Neuseeland am Ball. So viele hatten noch nie an einem Finalturnier teilnehmen dürfen. Mehr Spiele bedeuten mehr Zuschauer, klar. Am Ende haben mehr als 1,8 Millionen Leute ein Spiel im Stadion gesehen, so viele wie nie zuvor. Im Schnitt sind das über 30.000. Auch das ist ein nie zuvor erreichter Wert.

Auch was die Prämien betrifft, bricht das Turnier alle Rekorde. 110 Millionen Euro schüttet die Fifa an die teilnehmenden Verbände aus. Der größte Teil davon geht direkt an die Spielerinnen. Einer Weltmeisterin werden 270.000 US-Dollar überwiesen, mehr als je zuvor. Auch so ein Superlativ.

Und beim nächsten Mal soll es noch mehr werden. Genauso viel wie bei den Männern. Bei deren WM in Katar waren 440 Mil­lio­nen Euro ausgeschüttet worden. Die Fifa lässt sich da gern als Vorreiterin in Sachen Equal Pay feiern. Schaut man von oben auf die Hochglanzspektakel dieser WM, man kommt aus dem Staunen kaum mehr heraus. Alles super.

Auch der Profifußball in Europa entwickelt sich rasant. In den Kadern der Finalisten England und Spanien stehen Spielerinnen, die bei den gleichen Großklubs angestellt sind, die auch den Männerfußball dominieren. Real Madrid, FC Barcelona, Manchester City oder Arsenal FC. Mit Georgia Stanway hat es auch eine Spielerin vom FC Bayern ins Endspiel geschafft. Einige Schlagzeilen der WM gehörten jungen Spielerinnen, die auch deswegen schon einen Namen hatten, weil sie es in eine der großen Ligen geschafft hatten.

Nachrichten von der Transferbörse

Linda Caicedo, die 18-jährige Kolumbianerin, die gegen Deutschland so schön getroffen hat, kickt in der nächsten Saison bei Real Madrid. Und Melchie Dumornay, die Antreiberin im Mittelfeld von Haiti, spielt künftig beim französischen Spitzenklub Olympique Lyon. Als die Engländerin Keira Walsh von Manchester City zum FC Barcelona gewechselt ist, sollen 460.000 Euro Ablöse geflossen sein.

Überhaupt sind Transfermeldungen längst auch im Frauenfußball alltäglich. Während der WM postete der FC Bayern stolz Bilder seiner jüngsten Einkäufe beim FC Chelsea. Die Dänin Pernille Harder und die Schwedin Magdalena Eriksson spielen kommende Saison in München.

Die Summen, um die es da geht, mögen vergleichsweise klein wirken. Sie markieren indes den Beginn eines Rennens, dass im Männerfußball längst irrwitzige Ausmaße angenommen hat. Das Spiel der Frauen entwickelt sich in Europa zu einer Kopie des Männerfußballs.

Neue Rekordablösen werden bald vermeldet werden. Und die stete Sorge, ob die deutschen mit den Klubs aus England und Spanien mithalten können, wird auch den Frauenfußball erreichen. Das kann man feiern als Einzug des Professionalismus in den Frauensport.

Derweil kämpfen in Deutschland Frauen immer noch um Trainingszeiten auf einem schäbigen Hartplatz. Andernorts hält sich der schlechte, alte Machismo, der für das Spiel der Frauen nichts als Häme übrig hat, und nicht nur in Afghanistan wird es Frauen verboten, gegen den Ball zu treten.

Während also beim Blick in die bunte WM-Welt glatt der Eindruck entstehen könnte, alles wende sich gerade zum Guten, gibt es fast überall auf der Welt Frauen, die um den Zugang zum Fußball erst noch kämpfen müssen. Für einige von ihnen dürfte der Auftritt der marokkanischen Verteidigerin Nouhaila Benzina mit dem Hidschab bei dieser WM ein wichtigeres Zeichen gewesen sein, als die Meldungen über Zuschauerrekorde und Rekordprämien.

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