Kommentar von Uwe Rada zum Senatsbeschluss zum Molkenmarkt
: Townhouses statt bezahlbarer Wohnungen

Das dicke Ende kommt erst noch. Wenn der schwarz-rote Senat Ende des kommendes Jahres sein „Gestaltungshandbuch“ für den Molkenmarkt vorstellt, wird deutlich werden, welchen Einfluss konservative Altstadtlobbyisten wie die Stiftung Mitte Berlin auf den Neubau von Berlins wichtigstem innerstädtischem Quartier genommen haben.

Doch schon die Verabschiedung des Rahmenplans am Dienstag im Senat lässt nichts Gutes ahnen. Formal regelt er die Verteilung von Wohnen, Kultur und Gewerbe auf insgesamt fünf Blöcke. Ein fast schon normaler Vorgang bei der Planung eines Quartiers, bei dem in der Vergangenheit fast nichts mehr normal gewesen war.

Allerdings betonte Bausenator Christian Gaeb­ler (SPD) bei der Vorstellung des Rahmenplans, der zusammen mit dem Gestaltungshandbuch die „Charta Molkenmarkt“ bilden soll, noch einmal ausdrücklich, dass neben den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und WBM auch „gemeinwohlorientierte“ Bauherren zum Zuge kommen können. Nicht nur Genossenschaften sind damit laut Gaebler gemeint, sondern auch andere Investoren, so sie denn aus einem Konzeptverfahren als Sieger hervorgehen.

Damit ist die Tür weit aufgestoßen in Richtung derer, die den Molkenmarkt seit Langem schon als exklusives Quartier etablieren wollen. Der zweite Türöffner könnte dann das Gestaltungshandbuch sein. Wenn für einzelne Grundstücke kleine Parzellen gefordert werden, sind die Wohnungsbaugesellschaften aus dem Spiel. Sie müssen, um auch bezahlbare Wohnungen zu bauen, metern, und das auf möglichst großen Flächen.

Kahlfeldt und Gaebler spielen auf Zeit

Auf Bauherren im Dunstkreis der Stiftung Mitte Berlin oder des Architekten- und Ingenieurvereins (AIV) dagegen wären kleine Grundstücke wie zugeschnitten. Zu Recht kritisieren die Grünen und die Initiative offene Mitte Berlin deshalb den Senatsbeschluss.

Foto: taz

Uwe Rada

ist Redakteur für Stadtentwicklung.

Tatsächlich könnte am Molkenmarkt damit ein Quartier entstehen, das den Townhouses am Friedrichswerder näher ist als ein nachhaltiges und bezahlbares Quartier, wie es einst Rot-Grün-Rot geplant hatte.

Weil das aber nicht von heute auf morgen geht, spielen Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt und Bausenator Gaebler auf Zeit. Der Abschluss des städtebaulichen Wettbewerbs ohne Siegerentwurf gehört ebenso dazu wie die nun zweigeteilte Verabschiedung der Charta.