Trallafitti boomt im Pott

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat endlich wieder ein passendes Kulturkostüm. Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen machen im sektseligen Mief der Provinz mit seichter Kost wieder richtig Kasse

VON PETER ORTMANN

Als Bochumer Studenten mit Reden über den „Kunstfaschismus des DGB“ protestierten, kam sofort die Polizei. SPD-Parteichef Franz Müntefering schaute sich das Anfang Mai noch amüsiert beim Kaltgetränk aus sicherer Entfernung an. Jetzt haben sich die Sektschlürfer den grünen Hügel in Recklinghausen endgültig zurückerobert. Eine Erfolgsbilanz hat Intendant Frank Hoffmann nach den ersten Ruhrfestspielen unter seiner Leitung vorgelegt. Das Traditionsfestival des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sei in seiner 59. Auflage mit rund 55.000 Besuchern wieder zu einem Publikumsmagnet geworden, sagt er. Die Zahl der Zuschauer habe sich gegenüber dem Vorjahr, als der Berliner Theaterstar Frank Castorf Intendant war, mehr als verdoppelt. „Das damals aufgelaufene Defizit in Höhe von rund 880.000 Euro wird zum Ende des Jahres wieder ausgeglichen sein“, sagt Verwaltungsdirektor Reinhard Strehlau.

Die Zahlen sind keine große Überraschung. Der Luxemburger Theaterverwalter, der bisher nur mit mittelmäßigen Inszenierungen auf sich aufmerksam machte und auch mit Lessings „Minna von Barnhelm“ auf dem grünen Hügel floppte, setzte bei seinem ersten Programm konsequent auf leichte, bewährte Kost und ein paar große Namen. Vorbild war vielleicht auch der Bochumer Intendant Matthias Hartmann, der so erfolgreich Zuschauer ins Schauspielhaus geschaufelt hat.

Auf dem grünen Hügel musste alles eher preiswert sein. Claus Peymann durfte seinen „Nathan den Weisen“ mit dem Berliner Ensemble noch mal drittverwerten, Schauspielstar Isabelle Huppert kam mit längst Bewährtem aus Paris und selbst der Hebbelsche „Pilotas“ beim Fringe-Festival, das als Offenbarung aus Edinburg und Prag angekündigt wurde, war schon beim NRW Off-Theater Festival Impulse zu sehen. Letztes Signal an die Provinz ist das Abschlusskonzert am Sonntag mit den „Prinzen“.

Kunst ist der Stachel in einer Welt, die immer noch weit vom Garten Eden entfernt ist. Einen Dorn, der schmerzt, will man eben schnell entfernen. Die Ruhrfestspiele in Recklinghausen sind ein stumpfes Placebo, das nicht schmerzt. Schließlich sollte Kasse gemacht werden und heilen wollte der DGB nur den eigenen gebeutelten Beutel. „Wir sind gespannt, wie die Entwicklung im nächsten Jahr weitergeht“, sagt Noch-Kulturminister Michael Vesper (Grüne).