In Ecuador kommt es zur Stichwahl: Ein Votum für den Wandel

Mit Daniel Noboa geht der Kandidat einer liberalen Unternehmergeneration in die Stichwahl. Beide Referenden enden mit einem Ja für Umweltschutz.

Die siegreiche Präsidentschaftskandidatin Luisa González bei einer Rede in der Wahlnacht. Sie muss jetzt abber in die Stichwahl am 15. Oktober.

Wahlsiegerin Luisa González muss in die Stichwahl gegen den überraschenden Daniel Noboa Foto: Karen Toro/Reuters

HAMBURG taz | Die große Überraschung des Wahltags in Ecuador heißt Daniel Noboa. Der Sohn des erzkonservativen Bananenmilliardärs Álvaro Noboa, lag noch zwei Wochen vor dem Wahltermin in den Umfragen abgeschlagen unter ferner liefen. Doch mit einer intelligenten Wahlkampagne und einem glänzenden Auftritt bei der letzten Fernsehdebatte hat der in den USA ausgebildete 35-jährige das Feld von hinten aufgerollt, sagt Alberto Acosta, Ex-Vorsitzender der verfassungsgebenden Versammlung. Noboa kam nach Auszählung von 85 Prozent der Stimmen mit 24 Prozent auf Platz zwei.

Er ist laut Acosta ein Vertreter einer neuen liberalen Unternehmergeneration. Er wird nun in die Stichwahl gegen Luisa González von der Bürgerrevolution am 15. Oktober einziehen, die auf 33 Prozent kam.

Noboa, der sich erst im Endspurt des Wahlkampfs für das Sí zum Yasuní-Nationalpark und damit für das Ende der Erdölforderung im Bloque 43 des Schutzgebietes ausgesprochen hatte, ist erfolgreicher Unternehmer im Logistiksektor und tritt für die Modernisierung des politisch-ökonomischen Modells des Landes ein.

Sein Votum für das Ende der Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark dürfte ihm Wäh­le­r:in­nen­stim­men auch aus anderen politischen Lagern gebracht haben dürfte. Dem gegenüber steht die Kandidatin der linkspopulistischen Bürgerrevolution, der Partei des Ex-Präsidenten Rafael Correa (2007–2017). Sie ist für ein Weiter-so bei der Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark und bei der Rohstoffförderung in anderen Schutzgebieten wie dem Chocó Andino.

„Das ist ein Sieg für die Umweltbewegung“

González hat zwar jetzt die meisten Stimmen bekommen, muss allerdings akzeptieren, dass die Mehrheit der Wäh­le­r:in­nen klar für das Ende der Ressourcenförderung in Schutzgebieten eintrat.

Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent alles Stimmen, votierten fast 60 Prozent für den Schutz des Yasuni-Regenwaldes. Noch deutlicher fiel die Entscheidung zum Schutz der Region Choco aus. Hier stimmten rund 65 Prozent mit Ja.

„Das ist ein Sieg für die Umweltbewegung in Ecuador und zugleich Auftrag an die oder den neuen Präsident/in, das ökonomische Modell des Landes zu reformieren“, freut sich Acosta. Alles andere als einfach in einem Land, dessen parlamentarisches System in den letzten Jahren an Vertrauen verloren hat. Und wo der Mord an dem Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio am 9. August gezeigt hat, wie prekär die Sicherheitslage ist und wie hoch das Risiko, dass die Drogenkartelle das Land weiter destabilisieren.

Der Journalist Christian Zurita, der für seinen ermordeten Freund Villavicencio als Kandidat der Bewegung Construye (Baue) einsprang, landete auf dem dritten Platz. Dahinter folgt mit Jan Topic, sicherheitspolitischer Hardliner und Ex-Fremdenlegionär, und dem ehemaligen Vizepräsidenten Otto Sonnenholzner ein konservatives Duo.

Erst dahinter folgte der indigene Anwalt und Umweltaktivist Yaku Pérez. Anders als bei den Wahlen 2021 hatte Pérez keine geeinte indigene Bewegung hinter sich und machte im Endspurt des Wahlkampfes anders als Daniel Noboa keine glückliche Figur.

Gewerkschafter: „Stichwahl wird Polarisierung nicht beenden“

Für Jorge Acosta, Koordinator der Branchengewerkschaft Astac, die Plantagenarbeiter und Kleinbauern vertritt, ist die Stichwahl eine zwischen „Krebs und Aids“, die die Polarisierung des Landes nicht beenden wird.

Erschwerend hinzu kommt, dass die oder der neue Präsident/in des Landes nur ein Mandat für rund 18 Monate erhält. Sie beenden nur die reguläre Amtszeit des diskreditierten, an einem Misstrauensvotum gescheiteren noch amtierenden Präsidenten Guillermo Lasso.

Bis zum Mai 2025 läuft ihr Mandat und das ist wenig Zeit, um Ecuador sowohl aus der politisch-ökonomischen als auch aus der gravierenden Sicherheitskrise zu führen.

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