berliner szenen
: Was raussoll und was dableibt

Einerseits sind Bücher hervorragende Staubfänger, andererseits sind sie auch selbst wie Staub; sie wohnen nicht nur auf den Regalen, sondern halb versteckt in allen möglichen Winkeln der kleinen Wohnung: auf dem Boden, in den komischen Abstellschränken im Flur unter der Decke und im Kellerverschlag sowieso. Viele Jahre hatte ich gedacht, in meiner Wohnung würde es so komisch riechen, weil ich rauche. Es hat aber wohl auch mit dem vielen Staub zu tun, den die Bücher sozusagen aus der Luft rausfiltern.

Ganz am Anfang meiner Aufräumbemühungen – es ist bestimmt schon neun Wochen her – hatte ich manchmal einzelne Bücher in die Alfred-Döblin-Bibliothek des Urban-Krankenhauses gebracht und im Gegenzug ein Buch für 50 Cent gekauft, etwa „Die geheimen Aufzeichnungen des Don Rigoberto“ von Mario Vargas Lllosa. Inzwischen bringe ich fast alles zum tiny Buchhaus. Viele Bücher sollte man nicht als Besitz, sondern als Mehrwegprodukte begreifen.

Was raussoll und was nicht, ist leicht zu begreifen: zunächst geht man die Regale durch, in denen viele Bücher in zwei Reihen stehen, dann sortiert man das „Hanfbuch“ aus; weil man den Namen des Autors nicht mehr lesen mag. „Das gekaufte Leben“ behalte ich, weil ich Tobias Sommer sympathisch finde. Die Bücher von Kafka, die ich doppelt habe, können raus.

Inzwischen bringe ich fast jeden Tag Bücher zum tiny Buchhaus am Südstern und freu mich, wenn die zuvor gebrachten schon wieder weg sind. Es ist auch sehr praktisch: Man packt den Rucksack mit Büchern voll, stellt dieselben ins Regal des tiny Buchhauses und geht dann mit dem leeren Rucksack zu Netto einkaufen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Weil heute Geburtstag ist, werde ich vielleicht sogar ein Buch von mir zum tiny Buchhaus bringen. Mit Widmung. Detlef Kuhlbrodt