Billige Energie für Konzerne: Industriestrom spaltet Gewerkschaften

Verdi fürchtet die soziale Sprengkraft von subventionierter Energie für Unternehmen. IG Metall und DGB sind dafür, um Jobs in Deutschland zu halten.

Kraftwerk mit Hochspannungsleitungen.

Hier wird Strom für die deutsche Industrie produziert: Braunkohlekraftwerk Niederaußem in NRW Foto: Henning Kaiser/dpa

BERLIN taz | Verdi-Chef Frank Werneke zeigt mit einem Vorstoß zum Industriestrompreis, wie gespalten die Gewerkschaften in der Frage der Subventionierung hoher Energiekosten für Unternehmen sind. „Von einem reinen Industriestrompreis kann ich den politischen Akteuren nur abraten“, sagte Werneke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. „Es hätte enorme Sprengkraft, wenn ein Bürger, der mit dem gesetzlichen Mindestlohn gerade so über die Runden kommt, für seinen Strom 35 Cent die Kilowattstunde zahlt, während die Großindustrie mittels staatlicher Subventionen nur fünf oder sechs Cent zahlt.“

Damit setzte sich Werneke klar von IG Metall, IG Bergbau, Chemie, Energie oder auch dem Deutschen Gewerkschaftsbund ab, die mit subventioniertem Strom die Abwanderung von Betrieben aus Deutschland verhindern wollen. „Damit die energieintensiven Industrien eine grüne Zukunft in Deutschland haben, brauchen sie preisgünstigen grünen Strom“, hatte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gesagt. Das deutsche Wirtschaftsmodell beruhe auf komplexen Wertschöpfungsketten mit einer hohen Fertigungstiefe. „Diese Produktionsketten dürfen nicht reißen“, so Hofmann. Deshalb müsse der Industriestrom zeitlich begrenzt subventioniert werden.

Auch die Bundesregierung ist gespalten in der Frage. Während sich SPD und Wirtschaftsminister Robert Habeck dafür aussprechen, sind Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die FDP dagegen. Einen Verzicht auf die geplante Streichung des Spitzensteuerausgleichs sowie eine starke Senkung der Stromsteuer hatte unlängst Finanzminister Christian Lindner (FDP) ins Spiel gebracht.

FDP und CDU für Senkung Stromsteuer

Der Spitzenausgleich, durch den etwa 9.000 Großverbrauchern die Stromsteuer erstattet wird, soll nach bisherigen Plänen Ende 2023 auslaufen. Ursprünglich sollte so eine klimaschädliche Subvention im Wert von 1,5 Milliarden Euro abgebaut werden. Der Stahlhersteller Thyssenkrupp spart dadurch allein 60 Millionen Euro im Jahr.

Eine auch von der CDU befürwortete Senkung der Stromsteuer auf die EU-Mindesthöhe von 0,05 Cent je Kilowattstunde würde für den Bundesetat teurer – und würde alle Unternehmen und auch Haushalte betreffen: Die Bundeseinnahmen aus der Stromsteuer belaufen sich derzeit auf 6,8 Milliarden Euro jährlich. Habecks Pläne, nach denen für energieintensive Konzerne 80 Prozent der Stromkosten auf 6 Cent pro Kilowattstunde reduziert werden und für den Rest der Marktpreis gezahlt werden muss, kosten etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr – derzeit ist von drei bis fünf Jahren Dauer die Rede.

Auch die Grünen sind in der Stromfrage uneins. Während Ex-Umweltminister Jürgen Trittin die Beihilfen ablehnt, ist Frank Bsirske, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dafür. Er war vor Werneke Verdi-Chef.

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