Anschläge auf Bahn-Infrastruktur: Den Schaden hat die Umwelt

Kleiner Tipp für Radikale: Wer gegen Kapitalismus und Umweltzerstörung protestieren will, sollte sich nicht ausgerechnet die Bahn aussuchen.

Gedränge auf dem Bahnsteig: Fahrgäste steigen an einem Fernverkehrs Bahnsteig auf dem Hamburger Hauptbahnhof in einen Zug

Chaos vergangenen Freitag am Hamburger Hauptbahnhof Foto: Gregor Fischer/dpa

Dass Linksextremisten immer wieder die Bahn sabotieren, ist an Sinnlosigkeit kaum zu überbieten. Nun hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen zu den mutmaßlich politisch motivierten Brandstiftungen in der Nacht zum 8. September an Bahnanlagen in Hamburg übernommen. Die Sicherheitsbehörden gehen jetzt davon aus, dass das auf der Plattform Indymedia veröffentlichte Bekennerschreiben authentisch ist.

Falls das Pamphlet tatsächlich von den TäterInnen stammt, wollten sie „neuralgische Punkte des Güterverkehrs“ treffen. Das sollte den Transport zum Beispiel von „ausbeuterischen Waren“ wie Eisenerz für die klimaschädliche Stahlproduktion behindern. Diesen angeblichen Klimaschützern sei gesagt: Wenn ihr die Bahn angreift, sabotiert ihr eines der umweltfreundlichsten Transportmittel überhaupt.

Die Brände in Kabelschächten haben zudem nicht nur Güterzüge, sondern auch den Personenverkehr getroffen. Am gesamten 8. September war laut Bahn die Direktverbindung zwischen Berlin und Hamburg gesperrt. 29 Personenfernverkehrszüge fielen demnach komplett, 66 Züge teilweise aus, 70 mussten umgeleitet werden und verspäteten sich erheblich.

Viele Fahrgäste mussten in den nun völlig überfüllten Waggons auf der Umleitungsstrecke über Hannover stundenlang im Gang stehen, wie der Autor dieses Kommentars aus eigener Anschauung bestätigen kann. In Social Media wurde auf die Bahn geschimpft, die ihre Infrastruktur nicht genügend schütze. Solche Anschläge tragen also dazu bei, dass weniger Leute mit der Bahn und mehr mit dem Auto fahren. Super Ergebnis!

Die SUVs sind nicht die Leidtragenden

Die Leidtragenden sind eben nicht die Großkapitalisten mit ihren als Dienstwagen abgerechneten SUVs, sondern auch viele nicht so Wohlhabende. Sogar der Nahverkehr war betroffen.

Wie sinnlos solche Aktionen sind, hätte man spätestens nach den Brandanschlägen auf die Berliner S-Bahn etwa 2017 lernen können. Diese sollten ein Protest gegen den G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Hamburg sein. Natürlich steckte dann kein einziger Ministerpräsident in der S-Bahn fest, sondern Tausende Normalos auf dem Weg zur Arbeit. Die hatten dann mehr Stress als all die Autofahrer, denen das Klima egal ist.

Wenn man schon zu gewaltsamer Sabotage greifen will (wovon aus einer ganzen Reihe von Gründen natürlich abzuraten ist), dann sollte man wenigstens die richtigen Objekte ins Visier nehmen: zum Beispiel den klimaschädlichen Lastwagenverkehr.

Die Bahnsaboteure werden sich wahrscheinlich darüber gefreut haben, dass so viele Menschen über ihre Tat reden. Aber das taten sie eben nicht positiv. Auch deshalb ist eure Aktion komplett nach hinten losgegangen, ihr Meisterstrategen!

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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