Debatte um abgesetzten BSI-Chef: Faeser im Abwehrmodus

Die Innenministerin und Wahlkämpferin holt der Fall des versetzten BSI-Chefs Schönbohm ein. 3 Stunden lang muss sie sich im Bundestag rechtfertigen.

Nancy Faeser vor dem Sitzungssaal des Innenausschuss im Bundestag

Nancy Faeser am Mittwoch vor dem Sitzungssaal des Innenausschuss im Bundestag Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Eigentlich würde Nancy Faeser gerade gerne im Wahlkampf in Hessen auftrumpfen. Stattdessen ist sie eine Innenministerin im Krisenmodus: Kommunen beklagen, die gestiegenen Geflüchtetenzahlen kaum noch bewältigen zu können. Die Union fordert Grenzkontrollen und abermals eine Obergrenze. Und am Mittwoch holte Faeser auch der Fall Arne Schönbohm wieder ein.

Der frühere Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) war im Oktober 2022 von Faeser abgesetzt worden – kurz nachdem ihm der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann eine Russlandnähe attestiert hatte, wegen Kontakten zu einem dubiosen Cybersicherheitsrat. Schönbohm wies das zurück und klagte inzwischen auf Schadensersatz wegen Mobbings gegen das Innenministerium.

Auch Union und AfD halten den Vorwurf für haltlos – und werfen Faeser vor, Schönbohm voreilig und grundlos abgesetzt zu haben. Und sie stellten auch in den Raum, ob Faeser das Bundesamt für Verfassungsschutz gegen Schönbohm instrumentalisiert habe. Denn: Faeser selbst habe in einem internen Vermerk ihres Ministeriums vom Frühjahr die Vorwürfe gegen Schönbohm als „zu dünn“ bezeichnet und vorgeschlagen, „nochmals“ den Verfassungsschutz abzufragen.

Zwei Mal tagte der Innenausschuss daher zuletzt zur Causa Schönbohm, zwei Mal sagte Fae­ser ab. Am Mittwoch nun stellte sie sich im Ausschuss den Fragen, drei Stunden lang, hinter verschlossenen Türen. Und sie entschuldigte sich zunächst für ihr vorheriges Fehlen. Dann wies sie alle Vorwürfe zurück.

Faeser weist Vorwürfe als „infam“ zurück

In Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine dürfe es „nicht den geringsten Zweifel an der Führung unserer wichtigsten Cybersicherheitsbehörde“ geben, betonte Faeser im Anschluss erneut – wie auch zuletzt etwa im taz-Interview. Dieses Vertrauen habe es im Oktober 2022 nicht mehr gegeben. Schon vor ihrer Amtszeit habe es im Innenministerium Zweifel an Schönbohm gegeben, später dann auch an dessen Bewertung von Gefahren durch russische Cyberangriffe. Über eine Russlandnähe von Schönbohms Umfeld hätten schon länger Medien berichtet, Böhmermann habe das Echo nur verstärkt – und das Vertrauen final erschüttert, so Faeser. Sie habe Schaden vom BSI abwenden wollen.

Die Innenministerin betonte auch, dass Schönbohm nun auf einer gleichdotierten Stelle sitze, als Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Die indes ist deutlich kleiner als das BSI. Auch wies Faeser vehement zurück, dass sie den Verfassungsschutz auf Schönbohm angesetzt habe. Es sei lediglich einmal eine allgemeine Anfrage nach Erkenntnissen erfolgt. Die Vorwürfe einer Instrumentalisierung des Verfassungsschutz seien daher „infam“.

Auch Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang versicherte am Mittwoch in und nach der Innenausschuss-Sitzung, dass es nur eine allgemeine Anfrage des Ministeriums im Oktober 2022 gegeben habe, ob Erkenntnisse zu Schönbohm vorlägen – das habe man verneint. Weitere Anfragen seien nicht erfolgt.

Umfragen in Hessen sind mau

Für die Ampelfraktionen ist die Causa Schönbohm damit beendet. Alle Vorwürfe seien haltlos, sagte Sebastian Hartmann (SPD). „Ich fordere die Union auf, ihre Angriffe einzustellen.“ Grüne und FDP kritisierten zwar, dass Faeser sich zu spät dem Ausschuss gestellt habe, sahen die Vorwürfe aber ebenfalls ausgeräumt. Der CDU-Politiker Alexander Throm erklärte dagegen, es gebe weiter „mehr Unklarheit als Klarheit“ – auch ein Untersuchungsausschuss sei weiter eine Option.

In die Wahlkampfoffensive kommt Faeser so nicht. In Umfragen hängt die SPD in Hessen bei 18 Prozent – weit hinter der CDU und nur ein Prozentpunkt vor Grünen und AfD. Und dann musste die Hessen-SPD zuletzt auch noch eine Panne einräumen: In ihrem Wahlprogramm forderte sie, Nicht-EU-Ausländern ab 6 Monaten Aufenthalt ein kommunales Wahlrecht zu erlauben – es hagelte Kritik von rechtsaußen. Ein redaktioneller Fehler, es seien 6 Jahre gemeint, erklärte die SPD nun. Punkten lässt sich mit der Forderung nun nicht mehr.

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