Konflikt um Bergkarabach: Aserbaidschan will die Kontrolle

Nach dem Angriff Aserbaidschans auf die Region Bergkarabach laufen jetzt Verhandlungen über die Zukunft der dort lebenden ethnischen Armenier.

Viele Personen um einen Tisch

Vertreter der Kriegsparteien am Donnerstag in Evlach Foto: ap

BAKU taz | Einen Tag nach der erklärten Waffenruhe in Bergkarabach haben sich am Donnerstag Vertreter der Kriegsparteien in der aserbaidschanischen Kleinstadt Evlach getroffen. Begleitet von russischen Friedenstruppen, die seit November 2020 in der Region stationiert sind, trafen zuerst die Vertreter der interna­tio­nal nicht anerkannten „­Republik Arzach“ in Evlach ein.

Angeführt wurde die armenische Delegation von Sergey Martirosyan, dem stellvertretenden Chef des Sicherheitsrats Bergkarabachs, wie das Gebiet meist bezeichnet wird, sowie David Melkumyan, Abgeordneter des Parlaments. Ebenfalls anwesend war der Chef der russischen Seite, der gemeinsamen russisch-türkischen Beobachtungsstelle, Konteradmiral Oleg Semenow.

Bei dem Treffen seien Fragen einer Wiedereingliederung, einer Wiederherstellung der In­fra­struktur und der Organisation der Aktivitäten der armenischen Bevölkerung Bergkarabachs auf der Grundlage der Verfassung und der Gesetze der Republik Aserbaidschan erörtert worden, lautet eine Erklärung des aserbaidschanischen Präsidialamts.

Der russische Dienst des britischen Rundfunkhauses BBC berichtet auf der Grundlage anonymer Quellen, die Vertreter von Aserbaidschan hätten mit den Vertretern der Karabach-Armenier gesprochen, wie es Vertreter der Hauptstadt gegenüber einer Abordnung einer Provinzstadt eigen sei: Es sei, vermutet die BBC, eigentlich um die Frage gegangen, wie schnell die Behörden der nicht anerkannten Republik abgewickelt und durch aserbaidschanische Vertreter ersetzt werden können.

Noch keine abschließende Einigung

Die aserbaidschanische Delegation wurde von Ramin Mammadov geleitet, zuständig für die Kontakte mit den armenischen Einwohnern von Bergkarabach. Er schloss nicht aus, dass die Verhandlungen zu einem Friedensvertrag zwischen den seit Langem verfeindeten Staaten Armenien und Aserbaidschan führen könnten.

Weniger optimistisch äußerten sich Vertreter der Armenier. Man habe noch keine abschließende Einigung mit Baku erzielen können, es müssten einige Detailfragen geklärt werden, zitiert die armenische Nachrichtenagentur Verelq.am einen Vertreter der Karabach-Armenier.

Gegenüber der taz machte ein pensionierter hochrangiger Offizier der armenischen Sicherheitsdienste, der namentlich nicht genannt werden möchte, die armenische Regierung von Premierminister Nikol Paschinjan für den Krieg und die Niederlage verantwortlich. „Ein armenischer Premier, der in diesen Zeiten Russland provoziert, indem er Militärmanöver mit den Amerikanern macht und seine Frau die Ukraine besuchen lässt, handelt unverantwortlich“, so der pensionierte Offizier. „Russland hat uns über Aserbaidschan bestraft.“

Auch Eldar Seynalow, Direktor des Aserbaidschanischen Menschenrechtszentrums in Baku, glaubt, Russland habe Aserbaidschan gewähren lassen. „Die Armenier und Amerikaner haben gemeinsam Manöver durchgeführt, bei denen der Einsatz von friedenserhaltenden Streitkräften geübt worden ist. Das hat Russland provoziert. Und es hat so Armenien für seinen Versuch, sich dem Westen zuzuwenden, bestraft“, erklärt Seynalow gegenüber der taz.

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