EU-Abkommen mit Mercosur-Ländern: Paraguay macht Druck

Die Gespräche über die geforderten Zusätze zum unratifizierten Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten stocken. Paraguay setzt nun eine Frist.

Ein einzelner Baum steht inmitten eines Sojafelds

Sojabohnenfeld mit Baum, Überbleibsel eines Regenwald aufgrund von Abholzung in Paraguay Foto: Arterra/imagof

BUENOS AIRES taz | Paraguays Präsident Santiago Peña erhöht den Druck. Er werde die Verhandlungen über den Freihandelsvertrag zwischen dem Mercosur und der Europäischen Union abbrechen, wenn die Parteien nicht vor dem 6. Dezember zu einer Einigung kämen, sagte Peña am Montag. Dann übernimmt Paraguay die Präsidentschaft der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft. Bis dahin habe der brasilianische Präsident Lula da Silva Zeit, der derzeit den Vorsitz innehat.

Der Mercosur besteht aus Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Durch das Abkommen mit der EU würde die größte Freihandelszone der Welt mit 780 Millionen Menschen entstehen. „Wenn Lula nicht zum Abschluss kommt, werde ich die Gespräche im nächsten Halbjahr nicht fortsetzen“, sagte Peña. Er werde die Zeit stattdessen nutzen, um Handelsabkommen mit anderen Ländern anzustreben. „Ich bin sicher, dass wir sehr schnell ein Abkommen mit anderen Regionen erreichen werden“, so Peña.

Sowohl Lula als auch der EU-Botschafter in Paraguay, Javier García de Viedma, hatten erklärt, sie hielten ein Abkommen zwischen der EU und dem Mercosur bis Ende 2023 für möglich. „Wenn der politische Wille der Verhandlungsführer vorhanden ist, denke ich, dass wir es bis Ende dieses Jahres schaffen werden“, sagte García de Viedma ebenfalls am Montag.

Mercosur kritisiert EU-Verordnung

Erst Anfang September hat der Mercosur seinen lange angekündigten Gegenvorschlag zu den von der EU geforderten Zusatzvereinbarungen zu dem bereits ausgehandelten, aber noch nicht ratifizierten Abkommen vorgelegt. „Wir sind bereit, ein gemeinsames Instrument für Handel und nachhaltige Entwicklung auszuhandeln, das die innerstaatliche Gesetzgebung der Vertragsparteien und die unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten berücksichtigt“, heißt es in dem Vorschlag, den die Website bilaterals.org öffentlich machte.

Allerdings geht der Mercosur darin durchaus auf Konfrontation: „Das Dokument sollte keine Sanktionen (oder auch nur Andeutungen von Sanktionen) enthalten, und die Vertragsparteien sollten vermeiden, dass Maßnahmen zur Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklung als ungerechtfertigte oder unnötige Handelshemmnisse eingesetzt werden.“

Es soll einen „Mechanismus zur Wiederherstellung des Gleichgewichts der im Rahmen des Assoziierungsabkommens ausgehandelten Handelszugeständnisse“ geben, der greift, „wenn diese Zugeständnisse infolge innerstaatlicher EU-Rechtsvorschriften ausgesetzt oder annulliert werden“. Einfach ausgedrückt bedeutet dies Strafzölle auf Waren aus der EU in den Mercosur, wenn die EU den Zugang zu ihrem Markt durch neue Vorschriften erschwert.

Dieser Passus zielt direkt auf die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten. Sie verbietet die Einfuhr und den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Holz oder Sojabohnen, die auf nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Waldflächen angebaut oder hergestellt wurden. Wenn die EU dem zustimmt, wäre ihre Verordnung ein zahnloser Papiertiger.

Kritik von Greenpeace

Ein Einlenken Paraguays steht nicht zu erwarten. Das Land ist inzwischen der sechstgrößte Sojaproduzent und der viertgrößte Sojaexporteur der Welt. Seinen Erfolg verdankt es der legalen und illegalen Abholzung, vor allem im Gran Chaco, dem zweitgrößten Waldökosystem Südamerikas nach dem Amazonas.

Greenpeace kritisiert, dass so ausgehandelt werden könnte, dass die Quoten für Agrarprodukte wie Geflügel oder Zucker erhöht werden, die nicht unter die EU-Abholzungsverordnung fallen. „Dieser ‚Ausgleichsmechanismus für Handelskonzessionen‘ soll die Auswirkungen der EU-Verordnung über die entwaldungsfreie Lieferkette auf Rindfleisch- und Sojaexporte aus Argentinien und Brasilien ausgleichen. In der Praxis droht dadurch mehr Waldzerstörung statt Waldschutz“, heißt es in der Stellungnahme der Umweltorganisation.

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