sieben sachen
:

„Warten auf Gertrud“ ist ein Treffen der 100 ­Wunderkinder Foto: Jens Wazel

Systematisch ausradiert

Die Performance „Warten auf Gertrud“ des feministischen Kollektivs Fuck Marry Kill bewegt sich an der Schnittstelle von Musiktheater und Konzert. Es ist ein Treffen von 100 systematisch vergessenen Komponistinnen aus dem 19. bis 21. Jahrhundert. Es geht um die Frage, wie diese Künstlerinnen als fundamentaler Teil der klassischen Musik begriffen werden können und nicht als geschlechtsspezifische Ausnahmeerscheinung.

Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3; 12.–14. 10., 19.30 Uhr; 15. 10., 17 Uhr; Tickets 13,40 Euro

Magdalena Kallenberger, „Kräftemessen“, 2023, aus der Fotoserie „Etnas Garden“ Foto: M. Kallenberger

Sorge als Risikofaktor

Künstlerische Arbeit wird als genialisches Produkt wahrgenommen. Künst­le­r*innen sollen deshalb möglichst bindungslos auf­treten. Damit sind Künst­ler*­in­nen­ mit Sor­ge­ver­ant­wor­tung diskriminiert. Die Ausstellung „We Care. Do You?“ widmet sich auch mit einem Rahmenprogramm dieser Misere.

Alte Feuerwache , Marchlewskistr. 6; Eröffnung 6. 10., 17 Uhr; So.–Mi. 12–19, Do.–Sa. 12–20 Uhr

VMO kommen mit „Death Rave“ Foto: VMO

Black Metal meets Kraftwerk

Das Violent Magic Orchestra (VMO) ist ein Ableger von Japans vielleicht düsterstem Orchester Vampillia. In Zusammenarbeit mit Pete Swanson (ehemals Yellow Swans) und dem französischen Komponisten Paul Régimbeau alias Mondkopf trieb ihr Debütalbum „Catastrophic Anonymous“ die Ebene der Katastrophe mit Subbass­attacken und pneumatischen Blastbeats auf die Spitze. 2023 wurden sie beim CTM-Festival in Berlin von der Kritik gefeiert. Nun kommen sie mit ihrem zweiten Album „Death Rave“ ins Urban Spree.

Urban Spree, Revaler Straße 99, 8. 10., 20 Uhr, Tickets 18 Euro

Autor und Schriftsteller Karsten Krampitz Foto: Nane Diehl

Protokolle der Gewalt

„Läden wurden geplündert, jüdische Händler und Geschäftsleute beraubt und niedergetrampelt. Berlin hat sein Judenpogrom gehabt“, schrieb der Vorwärts nach den Ereignissen des 5. November 1923 im Scheunenviertel. Sie sind Beispiel dafür, dass der gewaltsame deutsche Antisemitismus eine lange Vorgeschichte hat. Bereits im „demokratischen“ Preußen gab es Internierungslager und einen Polizeipräsidenten, der von einer „Ostjudenplage“ sprach. Karsten Krampitz zeigt in seinem neuen Buch „­Pogrom im Scheunenviertel“, wie im Krisenjahr 1923 die verbale Gewalt nach und nach in physische Gewalt umschlägt.

Café Morgenrot, Kastanien­allee 85, 9. 10., 20 Uhr, Eintritt frei

Gemeinsame Projektpremiere: Hannes Teichmann und Guido Möbius Foto: Promo

Projekt Rückkopplung

Hannes Teichmann und Guido Möbius verbindet die Leidenschaft für Feedbacks. Also haben sie ein Projekt gestartet, das auf diesem physikalischen Phänomen basiert. Teichmann arbeitet mit mechanischen Rückkopplungen, Möbius erzeugt diese mit Mikrofon und Gitarrenverstärker. In der Konzertreihe „Biegungen“ außerdem zu Gast: Daniel Klein, Jonas Dorn & Ruth Goller, deren Sound im Indiejazz wurzelt.

Ausland, Lychener Straße 60, 12. 10., 20 Uhr, 10 Euro

Familienverhältnis angespannt: „Infantin der Bandwürmer“ Foto: Gustav Glas

Theater intersektional

Die Inszenierung „Infantin der Bandwürmer“ des Kollektiv Physix ist ein hypothetischer Dialog zwischen drei Generationen, der eine Versöhnung mit der eigenen Herkunft und der Familiengeschichte initiieren soll. Sie ist Teil der Eröffnung des deutsch-französischen queer*­fe­mi­nis­ti­schen Theaterfestivals „Le Lampenfieber“ mit Produktionen von Frauen* und/oder queeren Personen.

Festival „Le Lampenfieber“: Acud Kunsthaus, ­Veteranenstraße 21, 11.–15. 10., Tickets 15/10 Euro

In einem gemeinsamen Rausch aus der Haut fahren und aufatmen: „High“ ist eine Mitmachhölle Foto: Dorothea Tuch

High im HAU

She She Pop fordern in ihrer neuen Arbeit den Rausch und kollektive Eupho­rie. „High“ ist eine Zeremonie, die das Publikum – versammelt hinter einem Banner, dessen Inschrift noch unbekannt ist – dazu einlädt, einen Rhythmus, eine Prozession einzuüben, um das melancholische, neo­liberale Egomonster zu betäuben. Denn: Das Leben ist eine Mitmachhölle.

HAU1, Stresemannstr. 29, 12.–17.10., 19 Uhr, 22 Euro