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Helfen Faktenchecks gegen Populismus?

„Friedrich Merz erzählt Unsinn. Da müssen wir unbedingt einen Faktencheck machen“, hieß es in dieser Woche in jeder Redaktion.

Richtig ist:

Sollte der Populist Friedrich Merz Kanzlerkandidat werden, dürfte dieser Satz häufiger fallen. In den USA hat man seit Donald Trump Erfahrung mit Wahlkämpfen, in denen jeder Tweet und jede Fernsehdebatte live gecheckt wird. Allein: Es hilft nichts. Natürlich ist es richtig, dass Medien darauf hinweisen, dass Merz’ Behauptung falsch ist: Asylbewerber haben beim Zahnarzt nur Anspruch auf Akutbehandlung, nicht auf Zahnersatz. Doch jede Richtigstellung wiederholt die Lüge. Und mit jeder Wiederholung findet eine Verschiebung statt: Man weist nur noch auf den wahren Status quo hin, statt zu kritisieren, dass jeder Mensch Anspruch auf Zahnersatz haben sollte. So verschiebt sich die Debatte: Die Teilung in Privat- und gesetzlich Versicherte ist kein Thema.

Nach Brexit und Trump ist das postfaktische Zeitalter im deutschen Konservatismus angekommen. Wie geht man damit um? Die Literaturwissenschaftlerin Nicola Gess schlägt in ihrem Essay „Halbwahrheiten“ einen Fiktionsscheck vor: Zwischen „passend oder unpassend“, „glaubwürdig oder unglaubwürdig“ und „emotional befriedigend oder unbefriedigend“.

Zum Schluss eine gefühlte Wahrheit: Zahnreinigung kostet bei den meisten Krankenkassen extra. Nach dieser Woche sitzen in allen Wartezimmern Menschen, die Friedrich Merz kostenlos die Zähne polieren würden. Ganz bestimmt.

Kersten Augustin