Widerstand kann helfen

Mieter aus Kreuzberg wehrt sich gegen Kündigung. Videoabend zeigt Erfolge von Widerstand

Von Peter Nowak

44 Jahre hat Reinhard in seiner kleinen Wohnung in der Manteuffelstraße 63 in Kreuzberg gelebt. Jetzt soll er geräumt werden. Die Eigentümerin hat auf Eigenbedarf gekündigt und vor Gericht gewonnen. Ausgerechnet am Freitag, dem 13. Oktober, droht dem 69-Jährigen die Zwangsräumung. Die Gerichtsvollzieherin hat sich an diesen Tag um 10 Uhr angekündigt. Doch ohne Protest will sich Reinhard nicht vertreiben lassen. Schon vor Monaten hat es sich an das „Bündnis Zwangsräumung verhindern“ gewandt, das den Mieter unterstützt.

„Wir sind bei der Eigentümerin vorstellig geworden und haben die Rücknahme der Kündigung gefordert“, berichtet Johannes vom Bündnis. Doch die Eigentümerin hat darauf ebenso wenig reagiert, wie auf eine Protestkundgebung vor ihren Architekturbüro in Lichterfelde Mitte September. Dort monierten Rednerinnen, dass die Eigentümerin auch andere Mie­te­r*in­nen in der Manteuffelstraße 63 mit Eigenbedarfskündigungen aus ihren Wohnungen geklagt habe. Die seien dann aber in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden. Anders als Reinhard hätten sich die anderen Mie­te­r*in­nen allerdings nicht gewehrt.

Auch Reinhard erklärt, dass er ausgezogen wäre, wenn er eine andere Wohnung gefunden hätte, die er bezahlen kann. „Das Problem ist, dass der Wohnungsmarkt so leer gefegt ist, dass ich mit einer 1-Zimmer-Wohnung nicht mehr rechne“, resümiert er. Er sei bei der Nothilfe des Bezirksamts Kreuzberg vorstellig geworden, aber in einem halben Jahr habe sich dort nichts für ihn finden lassen.

Für den Tag der Räumung, am 13 Oktober, ruft das „Bündnis Zwangsräumung verhindern“ ab 9 Uhr vor der Manteuffelstraße 63 zu einer Kundgebung auf. Bereits eine Woche vorher, am 6. Oktober, ist vor dem Haus ab 18 Uhr eine Videokundgebung gegen alle Zwangsräumungen geplant. Dort werden auch Dokumentationen von erfolgreichem Widerstand der Mie­te­r*in­nen gezeigt. Vor über zehn Jahren konnte in Kreuzberg die Räumung der Familie Gülbol im ersten Anlauf verhindert werden, weil Tausende vor dem Haus protestierten und die Gerichtsvollzieherin nicht durchkam.

Dokumentiert ist auch der Kampf von Hans Georg Lindenau gegen die Räumung seines Gemischtwarenladens mit Revolu­tions­bedarf in der Manteuffelstraße 99. Die Räumung wurde mehrmals ausgesetzt, bis Lindenau einen Ersatzraum fand.