Entwicklungspolitik der EU: Streit über Zollboni

Der europäische Rat will Tarif­rabatte für Entwicklungsländer an die Rücknahme Geflüchteter koppeln. Das Parlament ist dagegen, die Verhandlungen pausieren.

Ein beladenes Containerschiff vor einem Hafen

Geringe Zölle für Ausfuhren in die EU aus Entwicklungsländern sind an Bedingungen geknüpft Foto: Kim-Hong-Ji/Reuters

BERLIN taz | Das Europäische Parlament hat sich Zeit verschafft. Mit großer Mehrheit stimmten die Parlamentarier für den Weiterlauf des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU. Die Zollbegünstigung auf Exporte in die EU für Entwicklungsländer mit geringem Einkommen wären sonst am Ende des Jahres ausgelaufen.

Denn die Verhandlung zur Überarbeitung der Regelungen liegen seit Juni auf Eis – die Gespräche im Trilog sind pausiert. Der Europäische Rat und die Kommission wollen Zollbegünstigungen an die Rücknahme abgelehnter Asyl­be­wer­be­r*in­nen koppeln. Die Ver­hand­lungs­fü­hre­r*in­nen des Europäischen Parlaments lehnen das ab.

Mit 561 zu 5 Stimmen hat das Parlament nun die bestehenden Regelungen bis Ende 2027 verlängert. Damit werden „erhebliche sozioökonomische Störungen für die begünstigten Länder und auch für die Unternehmen vermieden“, sagte die Berichterstatterin im Handelskomittee, Heidi Hautala (Grüne/EFA), in der Plenarsitzung. Jetzt muss der Rat noch der Verlängerung zustimmen. Der hat Bereitschaft dazu signalisiert.

Verhandlungen sollen weitergehen

Der spanische Ratsvorsitz hat außerdem angekündigt, sich für weitere Gespräche zwischen dem Parlament und dem Rat einzusetzen, um eine Einigung über eine Reform der Regelungen zu finden. Auch das Parlament will die Verhandlungen fortführen. Grünen-Abgeordnete Heidi Hautala betonte aber: „Dies würde jedoch eine Änderung des Ansatzes des Rats in der Frage der Rückübernahme erfordern. Wir müssen das APS als Entwicklungsinstrument bewahren“. Migrationspolitische Forderungen lehnt sie ab.

Mit dem Allgemeinen Präferenzsystem zahlen Entwicklungsländer mit geringem Einkommen weniger Zölle auf Ausfuhren in die EU, bei einigen Ländern und Produkten fallen Zölle ganz weg. Das gilt für mehr als 60 Länder, in denen etwa zwei Milliarden Menschen wohnen. Die Initiative der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) wurde in der EU bereits 1971 eingeführt. Mit den Zollbegünstigungen sollten die Länder ökonomisch unterstützt und Armut bekämpft werden.

Verpflichtungen zu Menschenrechten und Nachhaltigkeit

Die günstigen Tarife sind an Verpflichtungen zu Menschenrechten und Umweltstandards gebunden. In den überarbeiteten Regelungen, die noch verhandelt werden, soll Nachhaltigkeit eine größere Rolle spielen.

So müssen begünstigte Länder Maßnahmen zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens ergreifen. Auch soll die Umsetzung der Verpflichtungen zu Menschenrechten, Arbeitsschutz oder Nachhaltigkeit besser kontrolliert werden und die örtliche Zivilgesellschaft mehr einbezogen werden. So weit besteht Einigung.

Neben den migrationspolitischen Verpflichtungen gibt es aber noch ein weiteres Streitthema. Die Mitglieder im Rat, gestützt etwa vom Wirtschaftsverband BusinessEurope, wollen stärkere Ausnahmen von Tarifbegünstigungen, wenn Einfuhren „EU-Produzenten gefährden“.

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