taz🐾thema
: krebs heilen

die verlagsseiten der taz

Auch auf die Kommunikation kommt es an

Die Krebsdiagnose löst eine emotionale Flut aus. Der Wunsch nach Antworten und Informationen, aber auch der nach Austausch kann für Betroffene zu einem essenziellen Bedürfnis werden. Kommunikation bringt Erleichterung – für jeden Menschen auf seine Art

Von Anna Löhlein

Es beginnt mit der in Worte gefassten Diagnose: „Krebs“. „Etwa ein Drittel der Erkrankten kann damit ohne Unterstützung umgehen, ein Drittel braucht Hilfestellung wie Beratung und ein Drittel entwickelt behandlungsbedürftige psychische Probleme“, erklärt Franziska Holz, Gynäkologin, Psychoonkologin und Geschäftsführerin der Hamburger Krebsgesellschaft, die Ausgangssituation. „Für jeden dieser Verarbeitungsprozesse gibt es unterschiedliche Interventionen.“ Für welche Art der Unterstützung Betroffene sich entscheiden, hängt vor allem von ihrer Persönlichkeit ab.

Als langjährige Mitarbeiterin des Informationsdienstes des Deutschen Krebsinformationszentrums (DKFZ) ist Birgit Hiller mit den Herausforderungen Ratsuchender eng vertraut. Der Krebsinformationsdienst informiert über das umfangreiche Unterstützungsangebot für Krebspatient:innen, hilft dabei, regionale Krebsberatungsstellen zu finden, die psychologische oder sozialrechtliche Beratung anbieten oder klärt medizinische Fragen.

Eine längere Begleitung ist jedoch nicht Aufgabe des Dienstes. Dafür gibt es die regionalen Beratungsstellen, wie die Hamburger Beratungsstelle, in der Holz tätig ist: „Wir unterstützen die Krankheitsbewältigung, leisten Sozialberatung, helfen, Arztgespräche vor- oder nachzubereiten, begleiten Pa­ti­en­t:in­nen und Angehörige so lange beratend wie nötig. Das können ein, zwei Gespräche sein oder wiederkehrende Beratung über Jahre hinweg.“ Die Angebote sind kostenfrei und für jeden offen, so lange, wie die Hilfe gebraucht wird.

Nora war 39, als ihr die Diagnose Eierstockkrebs den Boden unter den Füßen fortzog. Den im Krankenhaus vom psychosozialen Dienst initiierten Kontakt mit einer Psychoonkologin empfand sie als sehr hilfreich: „Dass jemand mit Zeit kam und Verständnis für meine emotionale Situation zeigte, war eine enorme Erleichterung in der ersten Phase der Schockstarre. Während der Krebsbehandlung selbst stellte sich bei ihr kein Redebedarf mehr ein, der Kopf war einfach viel zu voll.

Therapeutische Gespräche während der Reha empfand Nora zwar als unterstützend, aber das Bedürfnis, noch einmal „tiefer einzutauchen“, kam erst lange nach Abschluss der Behandlung. Das sei klassisch, bestätigt Holz: „Oft kommt erst dann, wenn die Behandlung abgeschlossen ist und nach außen hin alles wieder gut scheint, bei Betroffenen die Erkenntnis hoch, dass der Ausnahmezustand noch immer anhält. Hier ist für viele der Punkt, an dem sie eine psychotherapeutische Unterstützung benötigen.“

Viele finden auch Halt in Selbsthilfegruppen. „Hier braucht sich niemand zu erklären, keine mitleidigen Blicke zu fürchten, keine Rücksicht – wie etwa auf Angehörige – zu nehmen, sondern kann sich mit anderen Betroffenen austauschen und sich aufgehoben fühlen“, erläutert Holz. Auch Hiller weist darauf hin, dass das Reden (allein) nicht für je­de:n Krebs­pa­ti­en­t:in der individuell passende Weg sei. So biete das Gesundheitssystem eine umfangreiche psychosoziale Versorgung für Krebs­pa­ti­en­t:in­nen über „Gesprächsangebote“ hinaus, etwa durch das Erlernen von Entspannungsverfahren oder kreative Therapien – auch darüber informiert das DKFZ.

Nora hielt Kontakt zu zwei Frauen, die sie in der Reha kennengelernt hatte. Außerdem fand sie wertvolle Lektüre von einer jungen Krebspatientin und kam darüber auch zu Facebook-Profilen, auf denen sie Unterstützung in den Postings anderer Betroffener fand. „Zu sehen, anderen geht es auch so wie mir, ohne mich aktiv einbringen zu müssen, war in dieser Phase der richtige Weg für mich.

Heute wird in Berlin über Krebs gesprochen, digital und live vor Ort: www.yescon.org