Nach Anschlag in Frankreich: Höchste Alarmstufe ausgerufen

Drei Jahre nach dem Attentat auf Samuel Paty stirbt ein Lehrer durch einen wohl dschihadistischen Angriff. Der mutmaßliche Täter war behördenbekannt.

Menschen stehen zwischen Polizeiabsperrungen auf einer Straße

Nach dem Attentat folgten Bombendrohungen, das Louvre-Museum in Frankreichs Hauptstadt Paris musste am Samstag geschlossen werden Foto: Edouard Maonfrais-Albertini/Hans Lucas/afp

PARIS taz | In Frankreich herrscht nach einem Attentat in Arras im Norden des Landes höchste Alarmstufe. Die Polizeipatrouillen und Bewachungen von besonders gefährdeten Einrichtungen wurde verstärkt, wegen Bombendrohungen wurde am Samstag das Schloss von Versailles geräumt und das Louvre-Museum für Besucher geschlossen.

Bisher hat der Tatverdächtige von Arras bei der Befragung durch die Polizei geschwiegen. Laut Zeugen aber soll er „Allahu akbar“ gerufen haben, als er am Freitagvormittag im Schulhof des Lycée Gambetta den Französischlehrer Dominique Bernard mit einem Messer angriff und dabei so schwer verletzte, dass dieser noch auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb.

Ob der Angriff in direktem Zusammenhang mit dem derzeit wieder akut aufgeflammten Konflikt im Nahen Osten besteht, ist bisher unklar. Am Montag jährt sich zudem zum dritten Mal das Attentat von Conflans-Sainte-Honorine, wo am 16. Oktober 2020 ein junger tschetschenischer Islamist den Geschichtslehrer Samuel Paty enthauptete.

Wie auf diversen Video online zu sehen ist, hatte Bernard versucht, auf den Angreifer einzureden. Auch ein zweiter Lehrer und ein Schulhofmeister versuchten zu intervenieren und wurden dabei erheblich verletzt.

Mutmaßlicher Täter stammt aus Inguschetien in Russland

Die sogleich alarmierte Polizei traf bereits wenige Minuten danach am Tatort ein und konnte in der Nähe den mutmaßlichen Täter festnehmen. Der war den Behörden bekannt: Der 20-jährige Mohammed M., der früher diese Mittelschule besucht hatte, wurde als Gefährder überwacht. Damit ist er nicht der Einzige seiner aus dem russischen Inguschetien zugewanderten Familie: Ein älterer Bruder ist wegen Terrorismus in Haft, ein jüngerer wurde am Freitag, angeblich in der Nähe einer Schule, ebenfalls festgenommen. Acht der derzeit zwölf Personen, die sich wegen des Attentats am Freitag in Polizeihaft befinden, sind Mitglieder derselben Familie. Die Behörden hatten offenbar vergeblich versucht, diese Familie nach Russland abzuschieben.

Auf der Liste der als „Fiche S“ – als Sicherheitsrisiko – Registrierten stehen rund 10.000 Personen

Das führt zu Diskussionen um die Gesetzgebung, die den Umgang mit als Sicherheitsrisiko eingestuften Personen regelt: Sie untersagte die Rückschaffung des 20-Jährigen Mohammed M., weil der vor dem 13. Lebensjahr nach Frankreich gekommen war. Innenminister Gérald Darmanin fordert nach polemischer Kritik von rechts eine „systematische Abschiebung von Gefährdern“, obschon er weiß, dass dafür Regeln bestehen und die betroffenen Länder außerdem ihre Zustimmung für eine zwangsweise Rückschaffung geben müssen. Auf der Liste der als „Fiche S“ – als Sicherheitsrisiko – registrierten Dschihadisten und anderer Mitglieder extremistischer Gruppen stehen rund 10.000 Personen.

Besonders groß ist der Schock im Bildungssystem, weil in Arras erneut ein Lehrer Opfer eines wohl dschihadistischen Attentats ist. Mit Paty und jetzt Bernard sei die laizistische Schule der Republik angegriffen worden, schrei­ben diverse Medien. Die Vorstellung, dass Leh­re­r*in­nen als solche im Visier islamistischer Terroristen stehen, ist für viele erschreckend.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.