bemüht
: Rostocks Polizei will vielleicht nicht mehr „westasiatisch“ schreiben

Der Freund und Helfer gibt sich stets bemüht. Das Polizeipräsidium Rostock prüft nach eigener Aussage jetzt seinen Sprachgebrauch bei der Beschreibung mutmaßlicher Täter*innen. Zuvor hatte die Polizei Schwerin für Verwirrung gesorgt, weil sie mit Pressemitteilungen nach Menschen „westasiatischen Phänotyps“ gesucht hatte.

Die Neue Osnabrücker Zeitung hat interessiert beim Polizeipräsidium nachgefragt, „wie ein Westasiate aussieht, welche Regionen und Staaten Westasien umfasst, ob alle Westasiaten gleich aussehen und woher diese Bezeichnung stammt“. Auf alle diese Fragen hat sie keine Antwort erhalten.

Na ja, im Zweifel kann man ja auch einfach auf die Nationalität der Verdächtigen schauen. In Mecklenburg-Vorpommern ist das jedenfalls kein Problem. Im Jahr 2020 hat der damalige Ministerpräsident Lorenz Caffier zusammen mit seiner Landespolizei entschieden, dass in deren Pressemitteilungen ab sofort die Nationalitäten aller Tatverdächtigen geschrieben werden sollen, also auch der deutschen, selbstredend.

Hauptsache nicht in den Verdacht geraten, irgendwas verschleiern zu wollen: Der Vorwurf hält sich hartnäckig seit der Diskussion um die Ereignisse an Silvester 2015 in Köln. Danach ist die Nennung von Nationalitäten in Polizeipressemitteilungen jedenfalls sprunghaft angestiegen.

Mittlerweile ist sie wieder leicht zurückgegangen. Deutsche Staatsangehörigkeiten werden aber in den meisten Dienststellen immer noch seltener genannt als nicht-deutsche. Die Polizeidienststelle Lüneburg zum Beispiel tut sich bundesweit dadurch hervor, dass dort nicht-deutsche Nationalitäten besonders häufig in Pressemitteilungen benannt werden.

Bloß ein anderes Wort

Wie auch immer es gemacht wird, regional handhaben Polizeidienststellen Tä­te­r*in­nen­be­schrei­bungen immer noch sehr unterschiedlich, das hat eine Datenanalyse des NDR 2021 ergeben. Ist ja auch nicht immer so einfach, die richtigen Worte zu finde.

In Berlin hat das Landeskriminalamt die Sache in die Hand genommen und Ende vergangenen Jahres eine „Empfehlung für diskriminierungskritischen Sprachgebrauch“ für die Polizei herausgegeben – und lautstarke Empörung geerntet: Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt war sich mit Bild und CDU einig: Hier handelte es sich um einen Verbotskatalog der Sprachpolizei.

Aber was steht da eigentlich drin? Zunächst die Erkenntnis, dass „Sprache von Denkmustern geprägt ist und gleichzeitig unsere Wirklichkeit formt“. Den Kol­le­g*in­nen wird geraten, „rassistische, antisemitische, antiziganistische, frauenfeindliche, LSBTI-feindliche oder andere menschenverachtende Zuschreibungen“ zu vermeiden. Als einen solchen Begriff ordnet das LKA Berlin „südländisch“ ein, Begründung: „unspezifisch“. Die Argumentation, die bis dahin eigentlich ganz progressiv daherkommt (was den Aufschrei von Wendt und Co. erklärt), endet mit dem Schluss: Statt von „südländisch“ spreche man doch künftig von „westasiatisch“.

Da hat also die Polizei einen Begriff als problematisch erkannt. Statt die ganze Kategorisierung von Menschen anhand ihres „Erscheinungsbilds“ abzuschaffen, hat man sich aber bloß auf ein anderes Wort ausgedacht. So können Polizeibeamte in Zukunft also schön diskriminierungssensibel Menschen „westasiatischen Phänotyps“ anlasslos kontrollieren.

Ob das nun der richtige Begriff ist, das will man in Rostock nun offenbar überdenken. Wie es mit der polizeilichen Praxis aussieht, das steht noch auf einem ganz anderen ganzen Blatt. Amira Klute