Nach dem Anschlag in Ankara: In der Wiederholungsschleife

Nach Jahren kocht die gewaltsame Konfrontation zwischen PKK und AKP-Staat wieder hoch. Dabei sind Kurden wie Türken dieser Kämpfe müde.

Polizisten sperren mit Stacheldraht eine Straße ab

Polizisten sperren nach dem Anschlag in Ankara eine Straße ab Foto: Ali Unal/ap

Die Nachrichten in der Türkei am Wochenende wirkten wie eine Rückkehr in die Zeit von vor knapp 10 Jahren. Damals waren Verhandlungen mit der kurdischen PKK-Guerilla über die Niederlegung der Waffen gescheitert und prompt wurde wieder geschossen, gebombt und auf offener Straße gekämpft. Seit dem Scheitern der Gespräche im Sommer 2015 lehnten die Regierungen unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan alle Versuche kategorisch ab, den jahrzehntealten Konflikt zwischen Teilen der kurdischen Minderheit und dem Staat durch Gespräche „mit den Terroristen“ zu beenden. Wir werden sie jagen und besiegen – so lautet das Motto von Erdoğan und seinem extrem rechten Koalitionspartner Devlet Bahceli.

Nach der militärischen Niederlage der PKK bei den Straßenkämpfen im Winter 2015 hatte die kurdische Guerilla sich weitgehend in den Nordirak und nach Nordsyrien zurückgezogen und Terroranschläge in der Türkei unterlassen. Als es im November 2022 in Istanbul zu einem blutigen Anschlag in einer Fußgängerzone kam, bestritt die PKK vehement, dafür verantwortlich zu sein. Gut fünf Jahre lang vermied die PKK direkte Anschläge in der Türkei, auch um der kurdisch-linken HDP die legale politische Arbeit nicht noch schwerer zu machen als sie ohnehin ist.

Jetzt kam die Wende. Am Sonntagabend bekannte die PKK sich zu einem Anschlag auf das Innenministerium in Ankara. Die Reaktion des Staates war vorhersehbar: Luftangriffe auf PKK-Rückzugsgebiete im Nordirak, Razzien und Festnahmen in der Türkei, alles wie gehabt. Der nächste Eskalationsschritt ist absehbar. Mit Erdoğans Wiederwahl und der Bestätigung der Parlamentsmehrheit von AKP und MHP scheint die Chance auf eine politische Partizipation der nationalistischen Kurden erst einmal wieder vorbei. Jetzt sollen wohl wieder die Waffen sprechen.

Die Menschen in der Türkei kennen das seit 40 Jahren. Es ist, als stecke das Land in der Wiederholungsschleife fest. Doch Türken wie Kurden sind dieser Kämpfe müde. Angesichts der Wirtschaftskrise sind viele mit dem täglichen Überleben beschäftigt, vor allem im armen, überwiegend kurdisch besiedelten Südosten der Türkei. Kein Mensch braucht dieses neuerliche Wiederaufflammen der Gewalt.

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