Klimagerechte Zukunft: Fahrkarten sind so 2020

Was, wenn kostenloser ÖPNV in Zukunft ein Grundrecht wäre? Dafür müssten womöglich die Klimakrise und soziale Fragen gemeinsam bekämpft werden.

Eine Bushaltestelle steht in der Landschaft an einer Straße auf der das Wort BUS steht

Ticket kaufen, war gestern. Aber der Bus, der wird kommen, und zwar elektrisch Foto: serienlicht/imago

Salma ist stolze Straßenbahnfahrerin. Seit sie vor drei Jahren aus dem Sudan nach Kassel kam, fährt sie jeden Morgen von Montag bis Donnerstag vier Stunden ihre Stammstrecke. „Einmal die Fahrscheine bitte“, sagt Salma ins Mikrofon. Ihr liebster Witz. Meist schrecken die älteren Fahrgäste kurz auf, dann lachen sie. Fahrkarten gibt es schon lange nicht mehr. Doch die Älteren erinnern sich noch an die 2020er Jahre.

Damals wurde das Verkehrspersonal grottig bezahlt und es musste doppelt so viel arbeiten. Der Job war so unbeliebt, dass in ganz Deutschland immer wieder Fahrten wegen Personalmangels und Krankheit ausfallen mussten.

Von der Zeit erzählt Anna, eine 63-jährige Busfahrerin, Salma nach einer Sitzung der genossenschaftlichen Betriebsgruppe: „Lange behaupteten deutsche Politiker*innen, man müsse sich entscheiden zwischen Klimaschutz und Sozialpolitik. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall.“

Weg vom Profit

In den 20ern seien die Menschen immer unzufriedener geworden. Wohnen, Kita, Essen, Sprit und Fahrkarten – alles wurde teurer. „Wir waren es satt. Wir wollten unser Leben und Arbeiten anders organisieren als um Profit herum“, sagt Anna. „Zum Beispiel durch guten und kostenlosen ÖPNV für alle?“, fragt Salma. „Genau!“, sagt Anna, „Die Ideen waren da. Aber die Umsetzung mussten wir selbst in die Hand nehmen.“

Illustration von Ali Arab Purian

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Viele Beschäftigte seien damals den Gewerkschaften beigetreten. Ar­bei­te­r*innen, die jahrzehntelang gegen die Sparpolitik gekämpft hatten, schlossen sich trotz anfänglicher Vorbehalte mit Klimaak­ti­vis­t*in­nen zusammen. Über Jahre hinweg streikten sie für bessere Arbeitsbedingungen und eine Alternative zum Auto, für einen fairen ÖPNV und konsequente Klimapolitik. Durch kleine Erfolge in verschiedenen Städten machte die Bewegung mehr und mehr Menschen Mut, sich anzuschließen.

Seit den großen Protesten leiten die Ar­bei­te­r*in­nen die Verkehrsbetriebe und treffen in Betriebsgruppen mit Fahr­gäs­t*in­nen und Ex­per­t*in­nen die Entscheidungen. Das Recht auf klima­gerechte Mobilität ist im Grundgesetz verankert. Ihr Erfolg darin, Kämpfe gemeinsam zu denken, übertrugen sich auch auf globale Ebene.

Global Verantwortung übernehmen

Als die Dürren und Überschwemmungen infolge der Klimakrise zunahmen, wurden die Forderungen an die großen Industrieländer lauter. Sie sollten ihre historische Verantwortung übernehmen. Seitdem zahlen Länder wie Deutschland Gelder an vom Klima gebeutelte Regionen und bieten Menschen vor Ort Möglichkeiten auszuwandern.

Dadurch kam auch Salma nach Hessen. Wegen der Klimakrise gab es in ihrem Heimatdorf und in zwei Kilometern Umkreis kein Trinkwasser mehr. Salma fiel es schwer, in den Flieger zu steigen. Aber ihre Kollegin Anna ist froh, dass sie da ist – auch Salmas Geschichte ist ein Teil der Verkehrswende.

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ist Sprecherin von Fridays for Future (FFF) und setzt sich für Klimagerechtigkeit ein.

ist Ärztin und Klimaaktivistin. Sie fordert, die Klimakrise mit sozialen Kämpfen zu verbinden.

Beide sind im FFF- und Verdi-Bündnis „Wir fahren zusammen“, das Mobilität für alle und gute Arbeits­bedingungen im ÖPNV fordert.

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