Neuer Rekord: 35 Tonnen Papier pro Minute

Kritischer Papierbericht 2005: Die Deutschen verbrauchen so viel wie alle Afrikaner und Südamerikaner zusammen

BERLIN taz ■ Jede Minute verbrauchen die Deutschen 35 Tonnen Papier – so viel wie alle Afrikaner und Südamerikaner zusammen. Und so viel wie nie. „Man könnte meinen, der Appell zum Papiersparen hat das Gegenteil bewirkt“, heißt es im Kritischen Papierbericht 2005, den gestern Umweltverbände vorstellten. Sie fordern deshalb nicht mehr nur Verbraucher, sondern vor allem Produzenten und Handel auf, „umweltfreundliches Altpapier zu nutzen“.

Noch setzt die internationale Papierindustrie meist auf frisches Holz. Jeder fünfte Baum weltweit wird für Papier gefällt. Altpapier dagegen ist knapp, auch in Deutschland. Zwar wird nirgends so viel Papier gesammelt wie hierzulande – rund 75 Prozent landen in der blauen Tonne. „Doch diese Menge wird den wachsenden Bedarf nicht decken“, so Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamts.

1950 kamen die Deutschen noch mit 32 Kilo Papier pro Jahr aus, heute sind es 230. Tendenz: steigend. So schätzen Experten, dass die Papierproduktion hierzulande in den nächsten fünf Jahren von 19,3 Millionen Tonnen auf 26 Millionen wächst. Neue Papierfabriken entstehen: Der finnische Konzern Myliosky produziert nahe Köln Zeitungsdruckpapier aus Altpapier, die Gruppe Palm in Wörth Wellpappe. Insgesamt, so der Verband Deutscher Papierfabriken, beträgt der Branchenumsatz pro Jahr 12,6 Milliarden Euro.

Lange Zeit verbrauchte Deutschland mehr Papier, als es produzierte. Letztes Jahr exportierte es dann zum ersten Mal mehr. Vor allem Chinas Bedarf ist gewaltig. Doch frische Papierrollen, die ins Ausland verschifft werden, kommen selten als alter neuer Rohstoff zurück. Auch deshalb ist Altpapier gefragter denn je. Immerhin stecken im Papier „made in Germany“ im Schnitt 65 Prozent Altpapier. Bei Blöcken, Heften, Kopierpapier liegt der Anteil zwar nur bei 20 Prozent, bei Verpackungen ist er aber umso größer. Woher das Altpapier künftig kommen soll? Jupp Trauth, einer der Autoren des Papierberichts: „Die Rücklaufquote für Gelesenes und Weggeworfenes muss europaweit besser werden.“ Japan macht vor, wie es geht: Dort bringen Zeitungsträger große Papiertüten mit ins Haus – für gelesene Artikel. HANNA GERSMANN